Hessen: Omikron-Welle lähmt Krankenhäuser

Personalausfälle führen zu Rückgang von Darmkrebsoperationen im vergangenen Jahr. Ein alarmiernder Befund, urteilt die AOK.
Die AOK spricht von einer „besorgniserregenden“ Situation: Im vergangenen Jahr sei die Zahl der Krankenhausfälle wegen körperlicher Erkrankungen in Hessen im Vergleich zum Vor-Corona-Jahr 2019 um 15 Prozent gesunken. Das sei noch ein Prozentpunkt weniger als in den beiden Jahren zuvor gewesen, als die Kliniken Kapazitäten für schwer erkrankte Covid-Fälle hätten freihalten müssen, sagt Joachim Henkel, Krankenhaus-Chef der AOK Hessen. Im vergangenen Jahr lagen die Gründe anders als bei den ersten Infektionswellen: „Wesentliche Ursache waren die enormen Personalausfälle infolge der durch die Omikron-Variante verursachten Infektionswellen des Jahres 2022.“ Bei den psychiatrischen Fällen war demnach der Rückgang mit elf Prozent etwas weniger stark ausgeprägt, so die am Donnerstag vorgestellte Analyse der AOK Hessen und des Wissenschaftlichen Instituts der AOK (WIdO) anhand der Daten bis Oktober.
Mehr ambulante Eingriffe
Die stärksten Einbrüche gab es demnach erneut bei den sogenannten ambulant-sensitiven Diagnosen, wo die Wahl zwischen ambulant oder stationär möglich ist. An der Spitze Rückenschmerzen mit minus 35 Prozent sowie der chronischen Lungenerkrankung COPD mit minus 30 Prozent. Gefolgt von Bluthochdruck mit minus 24 Prozent. Bei den planbaren Hüftgelenksimplantationen hat sich die Situation trotz der Omikron-Wellen tendenziell stabilisiert (minus 7 Prozent statt minus 13 Prozent in den Vorjahren). Bei den Brustkrebsoperationen gab es einen Rückgang von 12 Prozent gegenüber 2019.
„Anlass zur Sorge gibt der deutlich stärkere Einbruch bei den Darmkrebsoperationen“, sagt Henkel. Im Vergleich zur Zeit vor der Pandemie gingen sie um 22 Prozent zurück – und damit noch stärker als im ersten (minus 13 Prozent) und zweiten Corona-Jahr (minus 16 Prozent). „Das könnte mit dem reduzierten Umfang der Darmspiegelungen zu tun haben, die wir bereits in früheren Auswertungen festgestellt haben“, sagt Henkel. „In jedem Fall ein außerordentlich alarmierender Befund, der sich nicht mit einer gesünderen Lebensweise oder Ähnlichem erklären lässt.“
Bei Notfällen Rettungsdienst
Ebenfalls auffällig: der Rückgang der Herzinfarkt- um 16 Prozent und der Schlaganfallbehandlungen um elf Prozent. Das waren noch weniger als im ersten und zweiten Pandemiejahr. Hundertprozentig sei dies nicht zu erklären. Die AOK-Daten deuteten darauf hin, dass die Rückgänge schwerpunktmäßig bei den leichteren Infarkten und Schlaganfällen lägen. „Offenbar sind insbesondere Menschen mit milderen Symptomen weniger im Krankenhaus behandelt worden“, so Henkel. Sein dringender Appell: Bei diesen Notfällen unbedingt und ohne Zögern den Rettungsdienst alarmieren.