Hessen: Die meisten Behandlungsfehler passieren in der Chirurgie

Die Techniker Krankenkasse und die Schlichtungsstelle ziehen Bilanz für das Jahr 2022. Ein Rechtstreit dauert oft viele Jahre.
Knapp 520 Fälle von Verdacht auf einen Behandlungsfehler wurden der Techniker Krankenkasse (TK) im vergangenen Jahr gemeldet. Jeder dritte erhärtete sich. An der Spitze lagen die Bereiche Chirurgie (178 Fälle) sowie Zahnmedizin (99).
Weniger Fehler
Die unabhängige Gutachter- und Schlichtungsstelle bei der Landesärztekammer Hessen hat jetzt ebenfalls Jahresbilanz gezogen. Demnach bestätigten sich bei der abschließenden Überprüfung 93 der 423 Verdachtsfälle als Behandlungsfehler. Spitzenreiter hier: Orthopädie/Unfallchirurgie mit 141 Fällen. Gefolgt von Innerer Medizin (39), Frauenheilkunde (28), Allgemeinchirurgie (26), Urologie (19) und Kardiologie (18). Es handelt sich um den niedrigsten Stand seit 2009, was Landesärztekammerpräsident Edgar Pinkowski auf die „hohe Qualität in Klinik und Praxis“ zurückführt. Er betont aber auch: „Natürlich ist jeder Behandlungsfehler einer zu viel.“
Bei der TK steht an dritter Stelle die Allgemeinmedizin (70), es folgen Geburtshilfe (45) und Orthopädie (19). Die Statistik dürfte lediglich einen kleineren Ausschnitt des Geschehens abbilden, vermutet die Krankenkasse. „Wissenschaftliche Studien gehen von einer hohen Dunkelziffer und für jeden festgestellten Behandlungsfehler von rund 30 weiteren unentdeckten Fällen aus.“ Überall, wo Menschen arbeiten, könnten Fehler passieren, doch gerade im Gesundheitswesen könnten sie weitreichende Folgen nach sich ziehen. „Zusätzlich belastend sind die meist zeitaufwendigen, komplexen und schwierigen juristischen Verfahren, in denen die Vorwürfe geklärt werden.“ Bei chirurgischen Behandlungsfehlern kämpften Patientinnen und Patienten im Durchschnitt etwa fünf Jahre für ihr Recht, bei Geburtsfehlern sogar zehn Jahre.
Die bei der Landesärztekammer angesiedelte Gutachter- und Schlichtungsstelle überprüft ärztliche Behandlungen auf behauptete Fehler kostenlos für die Antragsteller. Ziel ist, auf freiwilliger Basis die Streitigkeiten zwischen Patient:innen und Ärzt:innen zu klären. Außerdem geht es darum, über den Einzelfall hinaus Fehlerquellen aufzuzeigen. Barbara Voß, die Leiterin der TK-Landesvertretung, sieht Nachholbedarf: Es brauche eine Fehlerkultur, die es ermöglicht, über Fehler zu reden und aus Fehlern zu lernen.
Die TK-Beratungshotline ist unter der Rufnummer 040/460 661 21 40 zu erreichen. Mehr zur Gutachter- und Schlichtungsstelle unter www.laekh.de