Hessen: Mehr Tempo beim Ausbau der Windenergie

Zwei hessische Verbände beklagen das schleppende Tempo beim Bau neuer Windkraftanlagen. Der zuständige Minister Tarek Al-Wazir räumt Probleme ein, verspricht aber schnelle Abhilfe.
Fünf Monate vor der hessischen Landtagswahl haben der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) und der Bundesverband Windenergie (BWE), dem Betreiber und Hersteller von Windrädern angehören, die Landesregierung aufgefordert, den Ausbau der Windenergie deutlich zu beschleunigen. „In Hessen muss der Turbo für die Windenergie eingeschaltet werden“, sagten die stellvertretende BUND-Landesvorsitzende Gabriela Terhorst und Joachim Wierlemann, BWE-Vorsitzender in Hessen. „Windenergie ist mit Naturschutz vereinbar und leistet einen wichtigen Beitrag zum Klimaschutz.“
Um in Sachen Winkraft voranzukommen, die laut Expert: innen eine entscheidende Rolle beim Ausbau der erneuerbaren Energien in Hessen spielen wird, schlagen die beiden Verbände die Schaffung einer eigenen „Taskforce Erneuerbare Energien Hessen“ vor. Darin sollen Ministerien, Verbände und Genehmigungsbehörden vertreten sein. Pro Jahr müssten in Hessen in Zukunft mindestens 100 Windkraftanlagen genehmigt werden, forderten Terhorst und Wierlemann.
Hessen: Es braucht schnellere Genehmigungsverfahren
Für schnellere Verfahren sollten unter anderem die zuständigen Behörden mehr Personal bekommen und die Verfahren digitalisiert werden. Außerdem müsse der neue Senat am Hessischen Verwaltungsgerichtshof (VGH) bald seine Arbeit aufnehmen, um Klagen gegen Windräder schneller entscheiden zu können. Diese Punkte seien für BUND und BWE „Messlatte im Landtagswahlkampf“.
Über den Windkraftausbau in Hessen wird schon länger gestritten. In den vergangenen Jahren gab es durchaus Fortschritte beim Ausbau der erneuerbaren Energien, mehr als die Hälfte des in Hessen produzierten Stroms stammt mittlerweile aus regenerativen Quellen. Allerdings verbraucht Hessen mehr als doppelt so viel Strom wie im Land selbst produziert wird. Die wichtigste erneuerbare Stromquelle in Hessen ist die Windkraft; Solarzellen, Biomasse und Wasserkraft liefern weit weniger.
Zwei Prozent der Landesfläche in Hessen sind für Windräder vorgesehen
Obwohl zwei Prozent der Landesfläche für den Bau von Windrädern vorgesehen sind, geht der Bau neuer Anlagen eher schleppend voran. 2020 wurden 28 Anlagen in Betrieb genommen, 2021 nur 18, im vorigen Jahr 14 und in diesem Jahr bisher zwölf. Das hängt unter anderem damit zusammen, dass die Genehmigungsverfahren zwischen 2018 und 2022 in keinem anderen Bundesland länger dauerten als in Hessen.
Die Zahlen
In Hessen liefern aktuell 1158 aktive Windkraftanlagen mit einer Gesamtleistung von rund 2420 Megawatt Strom. Diese Zahlen nennt das Wirtschaftsministerium von Tarek Al-Wazir (Grüne). Weitere 127 Anlagen stehen demnach derzeit kurz vor der Inbetriebnahme.
Weitere 298 Anlagen mit einer Leistung von insgesamt 1604 Megawatt befinden sich im Genehmigungsverfahren, 122 Anlagen werden vor Verwaltungsgerichten beklagt.
Wirtschaftsminister Tarek Al-Wazir (Grüne) verwies als Antwort auf die Kritik und die Forderungen von BUND und BWE auf die jüngsten Erfolge und den starken Zuwachs bei Photovol-taikanlagen in Hessen. „Wenn man bedenkt, welche Steine uns vom Bund über Jahre hinweg in den Weg gelegt wurden, ist das durchaus beachtlich“, sagte er. Trotzdem sei die Kritik angebracht, dass der Ausbau der Windenergie ins Stocken geraten sei, räumte der Minister ein.
Hessen: Die Energiewende liegt im überragenden öffentlichen Interesse
Hessen sei aber gut darauf vorbereitet, dass der Ausbau der erneuerbaren Energien auch durch die Ampelkoalition im Bund jetzt wieder an Fahrt aufnehme. Man habe das zuständige Personal in den Regierungspräsidien bereits um ein Viertel aufgestockt, einen neuen „Windkraftsenat“ beim VGH in Kassel geschaffen und den Windkraftausbau im Landesrecht so verankert, dass er jetzt im überragenden öffentlichen Interesse liege.
Aktuell seien Hunderte neuer Windkraftprojekte angekündigt, „deshalb erwarte ich einen deutlichen Zuwachs bei den Anträgen, dann den Genehmigungen und in der Folge dem Ausbau der erneuerbaren Energien“, formulierte Al-Wazir. Zur Forderung einer Taskforce sagte der Grüne, die genannten Verbesserungen seien bereits im Austausch mit anderen Ministerien und Verbänden entschieden worden. (Hanning Voigts)