Hessen: Landtag streitet über Krieg und Krise

Der hessische Landtag debattiert über den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine und die Folgen in Deutschland. Dabei werden große Unterschiede zwischen den Parteien sichtbar.
Eigentlich hatten CDU und Grüne sich am Mittwochmorgen nur für ihre eigene Politik loben wollen. „Hessen kommt stabil durch die Krise“ hieß der mäßig spannende Antrag der Koalitionsfraktionen, in dem es vor allem hieß, dass die Landesregierung Hessen seit Beginn des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine gut durch Inflation und Energiekrise führe und die befürchteten katastrophalen Folgen klug abgemildert habe. Doch was sich im Plenarsaal entspann, war eine hitzige und spannende Grundsatzdebatte über Politik in Kriegszeiten.
Mathias Wagner, Fraktionschef der Grünen, erinnerte zu Beginn daran, dass vor allem die Menschen in der Ukraine unter dem Krieg litten, sie seien den „schrecklichen Verbrechen“ der russischen Armee ausgesetzt. In Deutschland seien Gasmangel, Stromausfälle und Rezession aber „Gott sei Dank nicht eingetreten“. Dass die Ampelkoalition in Berlin die Abhängigkeit von russischen Rohstoffen verringert und Bund und Länder milliardenschwere Hilfspakete geschnürt hätten, sei „eine der größten politischen Leistungen der letzten Jahrzehnte“, formulierte Wagner. Politik könne handeln und Krisen meistern, so Wagners optimistisches Fazit.
Hessen: Andreas Lichert von der rechtsextremen AfD sorgt für große Empörung
Andreas Lichert, Rechtsausleger der in Teilen rechtsextremen AfD, warf Wagner daraufhin „Realitätsverweigerung im Endstadium“ vor. Die entspannte Gaslage liege nur am milden Winter, viele Menschen hätten Angst um ihre Zukunft, die Bundesregierung tue nichts für ein Ende des Ukraine-Krieges und betreibe einen „Wirtschaftskrieg gegen Russland“, empörte sich Lichert. Anstatt sich von US-Frackinggas abhängig zu machen, müsse mehr Diplomatie her.
René Rock, Fraktionsvorsitzender der FDP, hielt Lichert daraufhin vor, er nehme nicht zur Kenntnis, wie sehr sich Russland mit dem Überfall auf die Ukraine und schrecklichen Kriegsverbrechen „ins Unrecht gesetzt hat“. „Ihre Politik würde ein russisches Leichentuch über die Ukraine legen“, rief Rock in den Saal, der mittlerweile so voll mit Empörung und Geschrei war, dass Parlamentspräsidentin Astrid Wallmann (CDU) vielfach zur Ruhe mahnen musste. Rock fuhr fort, es sei vor allem der Pragmatismus der Ampelkoalition im Bund, der Deutschland gut durch die Krise bringe.
Hessen: Gegen einen Despoten müssen die Demokratien zusammenstehen
Auch SPD-Fraktionschef Günter Rudolph lobte die Bundesregierung, die richtige Antworten auf die „Zukunfts- und Abstiegsängste“ der Menschen habe und die Themen angehe, die unter Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) liegen geblieben seien. Wie die AfD das verächtlich mache, sei „schädlich für die Demokratie“. Der CDU-Abgeordnete Jörg Michael Müller sagte, gegenüber „Despoten wie Wladimir Putin“ helfe nur das Zusammenstehen der Demokratien. Ohne Militärhilfen wäre die Ukraine längst unterjocht worden. In Richtung Lichert sagte er: „Ich kann gar nicht so viel brechen, wie ich mich fühle.“
Jan Schalauske von den Linken hielt seinen Vorrednern vor, es gebe „keinen Anlass für Selbstzufriedenheit“. Durch die Inflation gebe es in Deutschland massive Reallohnverluste, die Tafeln würden von Bedürftigen überrannt. Zum Krieg in der Ukraine sagte Schalauske, Kriege würden mit Waffen geführt, aber mit Verhandlungen beendet. Wirtschaftsminister Tarek Al-Wazir entgegnete, der Krieg könne sofort enden, „wenn Wladimir Putin die Angriffe stoppt und seine Truppen zurückzieht“. Er sehe keine Kompromissbereitschaft in Russland. Umso wichtiger sei es, dass Bund und Länder in der Krise gehandelt hätten. (Hanning Voigts)