Hessen: Kühne-Hörmann durfte für Bouffier nachrücken

In Juristenkreisen gibt es Zweifel, ob die Mandatsübergabe vom zurückgetretenen Ministerpräsidenten Volker Bouffier auf Eva Kühne-Hörmann legal ist. Der Landeswahlleiter sieht kein Problem.
Die Weitergabe des Landtagsmandats des zurückgetretenen hessischen Ministerpräsidenten Volker Bouffier (CDU) an die abgelöste Justizministerin Eva Kühne-Hörmann (CDU) ist rechtlich einwandfrei. Das hat die Geschäftsstelle des hessischen Landeswahlleiters der Frankfurter Rundschau am Donnerstag auf Nachfrage versichert. Die Übergabe des Mandats sei von Landeswahlleiter Wilhelm Kanther eingehend geprüft worden, hieß es. Eventuelle Zweifel an ihrer Zulässigkeit seien auf einen inzwischen behobenen redaktionellen Fehler im Landeswahlgesetz (LWG) zurückzuführen.
Nach seinem Rücktritt vom Amt des Ministerpräsidenten am Dienstag voriger Woche und der Wahl seines Nachfolgers Boris Rhein (CDU) hatte Bouffier auch sein Landtagsmandat zurückgegeben. Da Bouffier bei der Landtagswahl 2018 in Gießen ein Direktmandat gewonnen hatte, hätte auf ihn eigentlich sein Ersatzkandidat folgen müssen, der Marburger Rechtswissenschaftler Sven Simon. Simon sitzt aber inzwischen für die CDU im Europäischen Parlament und hat daher auf das Landtagsmandat verzichtet. Daraufhin rückte Eva Kühne-Hörmann von der CDU-Landesliste in den Landtag nach.
Hessen: Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Übergabe des Landtagsmandats
Kühne-Hörmann hatte bei der Wahl 2018 kein Mandat erhalten, war unter Ministerpräsident Bouffier aber Justizministerin geblieben – dieses Amt hatte sie bereits seit 2014 inne. Nach seiner Wahl zum Regierungschef hatte Boris Rhein Kühne-Hörmann durch Roman Poseck ersetzt, den bisherigen Präsidenten des Hessischen Staatsgerichtshofs.
In hessischen Juristenkreisen hatte es daraufhin nach FR-Informationen einige Zweifel gegeben, ob Kühne-Hörmann als Abgeordnete für Bouffier nachrücken könne. In Paragraf 40 des LWG, der die Nachfolge von Abgeordneten regelt, findet sich im zweiten Absatz ein Satz, der so verstanden werden kann, dass ein Sitz im Landtag unbesetzt bleiben muss, wenn ein direkt gewählter Kandidat ausscheidet und sein Ersatzkandidat nicht zur Verfügung steht. Von einem Rückgriff auf die Landesliste einer Partei ist an dieser Stelle nicht die Rede.
Der Landeswahlleiter in Hessen hat die Frage eingeht geprüft
Aus der Geschäftsstelle des Landeswahlleiters hieß es dazu, es habe in den vergangenen Jahren schon mehrfach Nachfragen zu genau dieser Gesetzesstelle gegeben. Bei der letzten Veröffentlichung des LWG 2006 habe sich in Paragraf 40 ein redaktioneller Fehler eingeschlichen, der lange Zeit unbemerkt geblieben sei. Der missverständliche zweite Satz des Absatzes 2 habe niemals Gesetzeskraft besessen, es habe aber auch aus juristischen Gründen nie eine Möglichkeit gegeben, das Gesetz in korrigierter Form neu zu veröffentlichen.
Diese Möglichkeit habe sich erst vor wenigen Wochen ergeben, weil der Hessische Landtag Anfang April einen Neuzuschnitt der Landtagswahlkreise beschlossen und dafür das LWG abgeändert hatte. Am 15. Mai wurde das Gesetz daraufhin im hessischen Gesetz- und Verordnungsblatt neu veröffentlicht – mit einem veränderten zweiten Satz im zweiten Absatz des Paragrafen 40. Auf die Übernahme von Bouffiers Landtagsmandat durch Eva Kühne-Hörmann habe der Fehler keine rechtlichen Auswirkungen, hieß es aus der Geschäftsstelle des Landeswahlleiters.
(Hanning Voigts)