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Eklat um Boris Palmer: Massive Kritik an Veranstalterin – „Rassismus unter dem Deckmantel wissenschaftlicher Diskurse“

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Von: Timur Tinç, Hanning Voigts

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Die umstrittene Migrations-Konferenz an der Frankfurter Goethe-Uni schlägt weiter hohe Wellen. Auch Veranstalterin Susanne Schröter steht in der Kritik.

Frankfurt – Die Diskussion über die umstrittene Konferenz „Migration steuern, Pluralität gestalten“ an der Frankfurter Goethe-Universität hält sowohl in Frankfurt als auch in der hessischen Landespolitik an. Nach Äußerungen des Tübinger Oberbürgermeisters Boris Palmer, der unter anderem mehrfach das rassistische N-Wort benutzt hatte, war die Konferenz am vergangenen Freitag im Eklat geendet. Neben Palmer war auch die Veranstalterin der Konferenz, die Frankfurter Ethnologin Susanne Schröter, massiv in die Kritik geraten.

Das hessische Ministerium für Wissenschaft und Kunst teilte am Dienstag (2. Mai) mit, man begrüße die Ankündigung der Universität, „Richtlinien für die Organisation und Ausrichtung von Veranstaltungen gerade an der Nahtstelle von Wissenschaft und Öffentlichkeit zu entwickeln“. Außerdem unterstütze man die deutlichen Stellungnahmen „zu den Entgleisungen von Boris Palmer im Rahmen der Konferenz“, die es von der Unileitung, dem Institut für Ethnologie und vom Forschungszentrum Normative Ordnungen gegeben habe.

Hessen: Über Einladungen zu Konferenzen entscheidet die Wissenschaft

Die Genannten hatten sich im Anschluss an die Konferenz von Palmer distanziert. Grundsätzlich sei es nicht Aufgabe der Politik, sondern die der Wissenschaft, „nach ihren eigenen Kriterien zu entscheiden, woran sie mit welchen Methoden forscht und wen sie zu welchen Konferenzen einlädt“, hieß es aus dem Haus von Wissenschaftsministerin Angela Dorn (Grüne).

Ethnologin Susanne Schröter ist für den SPD-Politiker Gernot Grumbach eine „Chronistin des Scheiterns“. Foto: Peter Jülich
Ethnologin Susanne Schröter ist für den SPD-Politiker Gernot Grumbach eine „Chronistin des Scheiterns“. Foto: Peter Jülich © Peter Jülich

Gernot Grumbach, wissenschaftspolitischer Sprecher der SPD im hessischen Landtag, sagte der Frankfurter Rundschau, er sehe bei Susanne Schröter kein Problem beim wissenschaftlichen Arbeiten, aber bei ihrer inhaltlichen Schwerpunktsetzung zu den Themen Migration und Integration. „Sie bespricht nur die Probleme und sieht die positiven Entwicklungen gar nicht“, sagte Grumbach. „Es wäre für sie klug, sie würde sich mit fachkundigen Kollegen austauschen und prüfen, ob sie nicht nur eine Chronistin des Scheiterns ist.“

Hessen: FDP verärgert über den Fokus auf Palmer

Der integrationspolitische Sprecher der FDP, Yanki Pürsün, sagte der FR, es brauche eigentlich dringend „eine sachliche und niveauvolle Migrationsdebatte“. Umso ärgerlicher sei es, „dass die indiskutablen Äußerungen eines Teilnehmers“ die Inhalte der Konferenz in der medialen Wahrnehmung verdrängt hätten.

Die Fraktionschefin der Linken im Landtag, Elisabeth Kula, kritisierte derweil Ministerpräsident Boris Rhein (CDU), weil dieser die Schirmherrschaft für die Konferenz übernommen hatte.

Hessen: Kritik an Ministerpräsident Rhein

„Vielleicht sollte Ministerpräsident Boris Rhein beim nächsten Mal genauer hinsehen, für welche Veranstaltungen er die Schirmherrschaft übernimmt“, sagte Kula. Rhein und Justizminister Roman Poseck (CDU), der ein Grußwort auf der Konferenz gehalten hatte, müssten erklären, „warum sie diese von vornherein rechts offen angesiedelte Veranstaltung unterstützt haben“. Susanne Schröter warf Kula vor, „rechtspopulistischen und rassistischen Positionen immer wieder Gehör zu verschaffen“.

Roman Poseck hatte Palmers Äußerungen, der Kritik an seinem Gebrauch des N-Worts mit dem Zwang zum Tragen eines „Judensterns“ in der Zeit des Nationalsozialismus verglichen hatte, bereits am Samstag als „indiskutabel“ verurteilt. Er hatte zudem betont, dass Vereinfachungen bei einem so komplexen Thema wie Migration und Flucht nichts nützten. „Politisch Verantwortliche müssen sich der Tragweite ihrer Äußerungen bewusst sein“, so Poseck. Diese Äußerungen waren, wie am Dienstag betont wurde, eng mit der hessischen Staatskanzlei abgestimmt.

Frankfurt: SPD-Stadtverordneter fragt nach dem Mehrwert der Konferenz

Der diversitätspolitische Sprecher der Grünen im Frankfurter Römer, Emre Telyakar, sagte der FR am Dienstag, der Präsident der Goethe-Uni und die Stadt Frankfurt stünden in der Verantwortung, wenn „unter dem Deckmantel wissenschaftlicher Diskurse Rassismus eine Plattform gegeben wird“. Es brauche „echte Konsequenzen statt Lippenbekenntnisse“, so Telyakar. Der SPD-Stadverordnete Omar Shehata fragte: „Wird dort tatsächlich Wissenschaft betrieben? Was sind die Ergebnisse der Forschungen? Welchen Mehrwert bringt sie für Gesellschaft und Politik?“

Bürgermeisterin Nargess Eskandari-Grünberg (Grüne) kritisierte Boris Palmer für seine Haltung: „Ich begrüße es ausdrücklich, wenn die Wissenschaft ihre Aufgabe wahrnimmt, die Diskussion mit der Öffentlichkeit zu suchen. Abzulehnen hingegen ist es, wenn plumpe Provokationen und rassistische Äußerungen genutzt werden, um Stimmung zu machen.“ Das könne nicht „der Anspruch akademischer Auseinandersetzung sein“, kritisierte Eskandari-Grünberg. (Timur TInc und Hanning Voigts)

Nach dem Eklat um Boris Palmer fordert der Asta der Goethe-Uni in Frankfurt Konsequenzen für die Veranstalterin.

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