Hessen-Kolumne: Zeit für die Homestory
Boris Rhein ist nicht gerade der Typ Womenizer. Aber ein liebevoller Ehemann. Behaupter er zumindest. Löwensenf - die Kolumne aus dem Landtag.
Homestorys sind eine Gratwanderung. Personen, die prominent sind – oder die es werden wollen – bieten der Klatschpresse intime Einblicke in ihr Privatleben. Im besten Fall dient dies der Verbesserung des Images; der trockene Politiker zeigt seine menschlichen Seiten. Im schlimmsten Fall geht der Versuch gründlich schief. Das Paradebeispiel: der ehemalige Bundesverteidigungsminister Rudolf Scharping, der sich mit Lebensgefährtin Kristina Gräfin Pilati-Borggreve im Swimmingpool rekelte und dabei ablichten ließ, während die Bundeswehr unmittelbar vor einem Einsatz in Mazedonien stand.
Zum Fremdschämen, meinen die einen – die haben doch auch ein Recht auf Freude, die anderen. Welcher der beiden Kategorien eine Homestory zuzuordnen ist, ist nicht selten Geschmackssache. Wie Scharping seinerzeit arbeitet auch der hessische Ministerpräsident Boris Rhein fleißig an der Erweiterung seines Bekanntheitsgrads. Der CDU-Politiker ist erst knapp ein Jahr im Amt und will es bei der Landtagswahl im Oktober verteidigen. Der typische CDU-Wähler ist mehrheitlich männlich, älter als 60, besserverdienend, Kopfmensch. Das will die Hessen-Union diesmal ändern – sie will die Bastion der Frauen erobern. Nun ist Rhein nicht gerade der Typ Womenizer. Aber er ist ein ganz liebevoller Ehemann, das könnte doch auch Wählerinnenstimmen bringen. Woher wir dies wissen? Wir waren beim Zahnarzt und da lag rein zufällig im Wartezimmer so eine Frauenzeitschrift.
Darin ein Interview mit dem hessischen Landesvater. Er sei ein rundum glücklicher Mensch, verrät der 51-Jährige der Illustrierten und sagt auch, warum. Weil er Hessen gestalten kann. Und auch privat ist es toll mit seiner Frau Tanja, den beiden Kindern Oskar und Bruno. Seit 27 Jahren sind die Eheleute ein Paar, 23 davon verheiratet. „Tanja ist mein Lebensglück“, erzählt Boris Rhein und outet sich als Kenner der Astrologie: „Unsere Sterne stehen günstig. Wir haben ja am gleichen Tag Geburtstag. Am 2. Januar 1972.“ Eine Erkenntnis, die sich bei den beiden Steinböcken erst im Laufe der Zeit einstellte, wie der weiteren Lektüre zu entnehmen ist.
Liebe auf den ersten Blick war das nämlich nicht zwischen dem CDU-Politiker und der Frau, die als Vorsitzende Richterin am Frankfurter Landgericht über Fälle aus dem Bau- und Insolvenzrecht entscheidet. In ihrer Studienzeit lagen sie politisch weit auseinander. „Sie hielt mich für einen stockkonservativen JU-Fuzzi, mir hat sie zu grün gedacht, weil sie gegen die Atomversuche der Franzosen in der Südsee war und eine Kampagne gegen Jacques Chirac unterstützt hat.“
Wow. Das Ehepaar Rhein hat schon vor einem Vierteljahrhundert vorexerziert, dass Liebe politische Gräben überwinden kann. Dass das Verschmelzen schwarzer und grüner Ideen zu allgemeinem Glück, Wohlstand und Zufriedenheit führt. Zu zwei wohlgeratenen Kindern und einer kreativen Tätigkeit in der Staatskanzlei. Wäre ihm sein Vorgänger Volker Bouffier nicht zuvorgekommen – Rhein wäre prädestiniert als Schmied für ein schwarz-grünes Bündnis. Wobei: Tanja Raab-Rhein ist inzwischen Mitglied der CDU und engagiert sich im Ortsbeirat. Zu großer Kooperationswille birgt die Gefahr abzufärben,
Aber das ist eine andere Geschichte.
Jutta Rippegather und Hanning Voigts berichten für die FR aus dem hessischen Landtag. Einmal die Woche geben sie ihren Senf dazu. Alle Kolumnen im Internet unter: fr.de/loewensenf