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Hessen: Keine Zeit für kranke Kinder

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Von: Jutta Rippegather

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Die Unzufriedenheit an der Universitätsklinik Gießen und Marburg ist groß. dpa
Die Unzufriedenheit an der Universitätsklinik Gießen und Marburg ist groß. dpa © dpa

Der Streit um Entlastungstarifvertrag an der Uniklinik Gießen-Marburg spitzt sich zu. Nächste Woche werden sie streiken.

Es geht ihnen in erster Linie um die Patientinnen und Patienten, sie wollen für sie gute Arbeit leisten können. Dafür wollen die Beschäftigten der Uniklinik Gießen-Marburg in der nächsten Woche streiken. Die Gründe haben sie am Freitag überzeugend dargelegt. Die Kinderkrankenpflegerin, die jüngst wegen eines Notfalls eine ganze Stunde ihren Bereich komplett allein lassen musste. Die Kollegin, der die Zeit fehlt, die Selbstständigkeit älterer Kranker zu bewahren – etwa beim Waschen. „Die Folge ist Hospitalisierung.“ Der Gesundheits- und Krankenpfleger, der vom Stau in der zentralen Notaufnahme berichtete. Die Situation sei nicht mehr vertretbar. „Wir wollen den Streik nicht, aber die Geschäftsleitung lässt uns keine andere Chance.“ Diese versuche, die Bevölkerung gegen die Beschäftigten aufzuhetzen. Dabei sei sie es, die die Patient:innen gefährde, weil sie die Klinik seit der Privatisierung personell ausbluten lasse.

Der Kampf um bessere Arbeitsbedingungen und eine sichere Patientenversorgung an der privatisierten Uniklinik Gießen-Marburg geht in eine neue Phase: Am Freitag endete das 100-Tage-Ultimatum der 4163 Beschäftigten. Am Montag/Dienstag werden einzelne Stationen und Betten geschlossen sein, ein Drittel der geplanten Operationen könnte ausfallen. Für Mittwoch sind weitere Bereiche zum Arbeitskampf aufgerufen, für Freitag ist eine Großdemo in Marburg geplant. Notfälle sind versorgt, dafür ist eine Vereinbarung geschlossen.

Der Arbeitskampf werde sofort eingestellt, wenn die Geschäftsleitung die Forderung nach einer schnellen Lösung erfülle, stellte Gewerkschaftssekretär Fabian Dzewas-Rehm am Freitag klar. Eine solche habe auch die vierte Gesprächsrunde am Donnerstag nicht gebracht. Ohne den immensen Druck der Belegschaft werde sich nichts bewegen. Einen Entlastungstarifvertrag hätten inzwischen fast alle deutschen Unikliniken. Gute Arbeitsbedingungen seien der Schlüssel gegen den Personalmangel. Sie führten dazu, dass Fachkräfte in ihren Beruf zurückkehren, eine Vollzeitstelle kräftemäßig zu schaffen ist. „Der Beruf muss attraktiver werden und ist unter diesen Bedingungen nicht vertretbar“, sagt die Kinderkrankenpflegerin.

Die Forderungen

Entlastungstarifverträge gibt es an immer mehr Unikliniken, unter anderem in Frankfurt. Für Gießen-Marburg fordert Verdi schichtgenaue Personal-Patient:innen-Besetzungsregeln für Stationen und Bereiche, einen Belastungsausgleich für den Fall, dass diese nicht eingehalten werden, Beschäftigungssicherung, sowie eine Verbesserung der Ausbildungsbedingungen.

Das Angebot der Klinikleitung: Beschäftigungsgarantie für die ausgegliederte Servicegesellschaft angeboten, bessere Arbeitsorganisation und neue Arbeitszeitmodelle. Die „Grundstruktur“ des Frankfurter Vertrag könnte „hilfreich“ sein. jur

Den Beschäftigten schlägt seit Monaten eine breite Welle der Solidarität entgegen. Niedergelassene Ärzt:innen wollen etwa anlässlich der Protesttags am 31. März ihre Praxen schließen. Aus der Landespolitik kommt Zuspruch – von der Grünen Jugend, der Linken, der SPD. Diese Woche in einer Landtagssitzung hatte CDU-Landtagsabgeordneter Norbert Bartelt explizit seine Unterstützung zugesagt.

Die Geschäftsführung teilte am Freitag mit, der Streik sei „unnötig und unangemessen“. Viele Menschen seien in Sorge, dass sie im Notfall nicht rechtzeitig medizinische Hilfe bekämen.

Die Unzufriedenheit an der Universitätsklinik Gießen und Marburg ist groß. dpa
Die Unzufriedenheit an der Universitätsklinik Gießen und Marburg ist groß. dpa © dpa

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