Hessen: Kein Abschiebestopp in die Türkei

Trotz der verheerenden Erdbeben rückt Hessen nicht grundsätzlich von Abschiebungen in die Türkei ab. Zur Begründung heißt es, nicht das ganze Land sei derzeit ein Krisengebiet.
Trotz der schweren Erdbeben in der Türkei und in Nordsyrien mit Zehntausenden Toten hält die hessische Landesregierung grundsätzlich an Abschiebungen in die Türkei fest. Da weite Landesteile von der Katastrophe nicht betroffen seien, sehe die Bundesregierung, die für die Beurteilung der Sicherheitslage in anderen Staaten zuständig sei, derzeit keinen Grund für einen Abschiebestopp, teilte ein Sprecher des hessischen Innenministeriums der Frankfurter Rundschau mit. Die hessischen Ausländerbehörden seien daher generell angehalten, ausreisepflichtige Menschen in ihre Heimat zu bringen, solange kein Abschiebehindernis vorliege.
Momentan seien allerdings keine Rückführungen aus Hessen in die Türkei geplant, teilte der Sprecher weiter mit. Im Abschiebegefängnis in Darmstadt säßen gegenwärtig zwei Ausreisepflichtige mit türkischer Staatsbürgerschaft ein. Im Februar werde von dort aber keine Abschiebung mehr erfolgen. Direkt in die betroffene Erdbebenregion würde sowieso niemand ausgeflogen. Abschiebungen nach Syrien seien wegen des dort tobenden Bürgerkriegs derzeit grundsätzlich nicht möglich.
Hessen: Staatssekretär Stefan Sauer hatte die Rechtslage bereits erklärt
Innenstaatssekretär Stefan Sauer (CDU) hatte bereits am Donnerstag im Plenum des hessischen Landtags gesagt, dass nur bestimmte Regionen im Südosten der Türkei an der Grenze zu Syrien von der Erdbebenkatastrophe betroffen seien. Es gebe daher keinen Grund, Abschiebungen in die Türkei generell auszusetzen, zumal diese sowieso meistens über den Flughafen in Istanbul im Westen des Landes abgewickelt würden.
Dass die Linksfraktion wegen des Erdbebens einen generellen Abschiebestopp für türkische Staatsbürger:innen fordere, zeige, „dass die Linke jedes Ereignis für ihre politische Agenda instrumentalisiert“, hatte Sauer formuliert. Die Linksfraktion hatte sich wie auch der hessische Flüchtlingsrat dafür ausgesprochen, bis auf weiteres gar keine türkischen Staatsbürger:innen mehr gegen ihren Willen in ihr Herkunftsland zu bringen.
Hessen: Linke und Flüchtlingsrat für einen allgemeinen Abschiebestopp
Saadat Sönmez, Abgeordnete der Linken, begründete diese Forderung damit, aus der großen Betroffenheit nach den verheerenden Erdbeben müsse das Signal folgen, in Hessen einen Abschiebestopp in die Türkei zu verhängen und sämtliche Abschiebehäftlinge mit türkischer Staatsbürgerschaft freizulassen. Zudem sprach sich Sönmez dafür aus, Opfern der Katastrophe mit Angehörigen in Deutschland schnell und unbürokratisch die Einreise zu ermöglichen. Entsprechende Planungen der Bundesregierung müssten noch nachgebessert werden.
Der SPD-Abgeordnete Turgut Yüksel sprach sich ebenfalls für die Aufnahme von Opfern mit Verwandten in Deutschland aus, sagte aber, er könne den Vorstoß der Linken nicht nachvollziehen. Es gebe keinen Zusammenhang zwischen dem Erdbeben und Rückführungen, in die Türkei werde zudem sowieso kaum abgeschoben. Primär sollte es nun um Hilfe in der Katastrophenregion gehen, forderte Yüksel.
Die Grünen-Abgeordnete Eva Goldbach sagte, selbstverständlich würde niemand direkt in die Erdbebenregion abgeschoben, nach Syrien sowieso nicht. Der CDU-Politiker Thomas Hering mahnte, die Erdbeben dürften nicht für die Idee eines Abschiebestopps herangezogen werden. „Nicht die gesamte Türkei ist Krisengebiet“, sagte Hering. (Hanning Voigts)