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Hessen: Heizungsgesetz entzweit

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Von: Jutta Rippegather

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Das Heizungsgesetz sieht im Entwurf des Wirtschaftsministeriums bislang vor, dass ab 2024 neu eingebaute Heizungen zu 65 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben werden sollen.
Das Heizungsgesetz sieht im Entwurf des Wirtschaftsministeriums bislang vor, dass ab 2024 neu eingebaute Heizungen zu 65 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben werden sollen. © Silas Stein/dpa

Die Landtagsdebatte offenbart einen tiefen Graben in der schwarz-grünen Koalition. Und nutzt den Rechten.

Die Landtagsdebatte ist schon fortgeschritten, da platzt dem Grünen-Fraktionschef Mathias Wagner der Kragen: In den nächsten Jahren würden die Kosten für Öl und Gas in die Höhe schnellen. Die Umrüstung der Heizungen sei dringend geboten. Stattdessen blockiere die FDP das Gebäudeenergiegesetz, das laut Ampelkoalitionsbeschluss diese Woche in den Bundestag hätte eingebracht werden müssen. Der FDP gehe es nicht um die Sache, sondern allein ums Überleben, sagt Wagner am Mittwoch.

Sozialverträgliche Energiewende

Das Gebaren der Koalitionspartnerin CDU kommentiert Wagner nicht. Das übernimmt SPD-Fraktionschef Günter Rudolph, als er den Antrag für eine sozialverträglich gestaltete Energiewende einbringt. Rudolph knöpft sich CDU-Generalsekretär Manfred Penz vor, der auf Twitter nach dem „Heizungshammer“ nun auch die „Heizungspolizei“ (O-Ton „Bild“) geißelt. Penz habe wohl vergessen, dass die Union als Teil der Landesregierung die Pflicht zu einem kommunalen Wärmeplan beschlossen habe. Die CDU blockiere auch in Hessen die Energiewende, weil sie Windräder bekämpfe. Der Gesetzentwurf aus dem Haus von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) sei verbesserungswürdig. Das müsse im „normalen parlamentarischen Verfahren“ geschehen, statt den Menschen Angst zu machen und den Populist:innen in die Arme zu treiben.

Sozialverträgliche Energiewende

FDP-Fraktionschef René Rock verteidigt die Linie der Bundespartei: Die Grünen seien „wie einbetoniert“ – fixiert auf Wärmepumpen. Das sei nicht für jedes Gebäude die beste Lösung, und im Winter gebe es dafür ohnehin zu wenig erneuerbare Energie. Und dann wirft Rock den Grünen noch vor, die Verantwortung für das Abschalten der letzten Atomkraftwerke der Republik zu tragen. Harter Tobak, den SPD wie Grüne später korrigieren: Schwarz-Gelb hatte den Ausstieg beschlossen.

Sozialverträgliche Energiewende

Die CDU sieht die Lösung in einer „Modernisierungsoffensive“ für Gasheizungen wie Wärmepumpen. Ein „einfaches Gesetz“ sei besser als ein von Ideologie getriebenes, sagt Jörg Michael Müller. Schon rein praktisch seien die Pläne aus dem Haus Habeck nicht realisierbar, es gebe Lieferengpässe und keine Handwerker.

Selten in dieser Legislaturperiode war ein Graben zwischen den beiden Koalitionspartnern so offensichtlich. Das Plädoyer von Wirtschaftsminister Tarek Al-Wazir (Grüne) nach mehr Sachlichkeit bleibt wirkungslos. Er erinnert an die Diskussion nach dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine. Als alle demokratischen Fraktionen in Sorge um einen Blackout und Gaslieferengpässe zusammenrückten. An die Hilfsprogramme, die Kritik an der Abhängigkeit von „fragwürdigen Ländern“. An die Angst vor kalten Wohnungen im Winter. All das sei offenkundig vergessen „weil jetzt die Sonne scheint“. Ein Drittel des Energieverbrauchs gehe auf das Konto von Gebäuden. „Wir müssen die Menschen jetzt vor den nächsten Preisexplosionen schützen.“ Er habe nichts dagegen, dass das Gebäudeenergiegesetz im parlamentarischen Verfahren verbessert wird. „Aber dafür muss es erst mal eingebracht werden.“

Sozialverträgliche Energiewende

Der Minister betont, dass die Abkehr von fossilen Brennstoffen auch und besonders Menschen mit geringerem Einkommen nutze. Weil vor allem diese in schlecht gedämmten Häusern mit alten Heizungen lebten. Am Ende warnt Al-Wazir vor den Folgen der aufgeheizten Stimmung. Diese Debatte werde keiner der demokratischen Parteien nutzen, sondern einzig und allein den Rechten.

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