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Hessen: Tweet löst Debatte im Landtag aus

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Von: Hanning Voigts

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Hat Heimat mit lokalen Traditionen zu tun? Oder doch nur mit einem Gefühl von Zugehörigkeit? Foto: Renate Hoyer
Hat Heimat mit lokalen Traditionen zu tun? Oder doch nur mit einem Gefühl von Zugehörigkeit? Foto: Renate Hoyer © Renate Hoyer

Bundesinnenministerin und SPD-Vorsitzende Nancy Faeser hatte dazu aufgerufen, „Heimat“ neu zu denken. In der Diskussion wird mehrfach auf den ehemaligen SPD-Ministerpräsidenten Georg-August Zinn Bezug genommen.

„Hesse ist, wer Hesse sein will.“ Mit diesem legendären Satz reichte der nicht weniger legendäre Georg-August Zinn (SPD), hessischer Ministerpräsident von 1950 bis 1969, den vielen Vertriebenen die Hand, die nach dem Zweiten Weltkrieg nach Hessen gekommen waren. Bei einer Debatte zum Begriff „Heimat“ wurde Zinns Aussage mehrfach im Hessischen Landtag zitiert – von unterschiedlichen Fraktionen.

Die CDU hatte das Thema aufgerufen, weil Bundesinnenministerin Nancy Faeser, zugleich hessische SPD-Vorsitzende, Mitte Mai via Twitter dazu aufgerufen hatte, Heimat neu zu denken. Man müsse den Begriff „positiv umdeuten und so definieren, dass er offen und vielfältig ist“, hatte Faeser geschrieben. „Und dass er ausdrückt, dass Menschen selbst entscheiden können, wie sie leben, glauben und lieben wollen.“

Den Begriff entstauben

Das sei „unfassbar anmaßend“ und „moralinsauer“, befand der CDU-Abgeordnete Jörg Michael Müller. Heimat bezeichne „ein Gefühl von Aufgehobensein, von Zuhause“, sei sehr subjektiv und könne von keiner Bundesministerin definiert werden, sagte Müller. Heimat bedeute in Hessen traditionell auch „große Liberalität und Freiheit“, das lasse man sich nicht „madig machen“. Für Knut John (SPD) war Müllers Rede wiederum ein „billiger Angriff auf die Bundesinnenministerin Faeser“. Dabei habe die doch recht damit, dass man den Begriff der Heimat „entstauben“ müsse. Aus der politischen Rechten werde er zur Ausgrenzung von Menschen genutzt, daher sei es gut, „den Begriff Heimat zu öffnen“.

Mathias Wagner, der Fraktionsvorsitzende der Grünen, argumentierte, Heimat bedeute „ein Gefühl von Zugehörigkeit“, Zinns berühmten Satz hätte man schon in den 60er Jahren als Leitbild nehmen sollen, als die sogenannten Gastarbeiter nach Hessen gekommen seien, sagte Wagner. Heute müsse man Heimat so verstehen, dass sie „einschließend, aber nicht ausschließend“ sei. Die Linke Saadet Sönmez sagte, Heimat müsse ein Ort sein, wo die Miete bezahlbar sei, wo jedes Kind die gleiche Chance auf Bildung habe, der Bus regelmäßig komme und Wälder nicht weiter Autobahnen weichen müssten. „Solche eine Heimat zu werden, davon ist Hessen noch weit entfernt“, kritisierte Sönmez.

Hessen: „Lassen Sie doch jedem seine Heimat“

„Lassen Sie doch jedem seine Heimat“, appellierte der FDP-Abgeordnete Matthias Büger. Heimat sei ein Gefühl und könne sich an vielem festmachen, manchem sei Heimat auch nicht wichtig. „Machen Sie doch Heimat nicht zum politischen Kampfplatz“, richtete Büger sich an die CDU. Der AfD-Politiker Dirk Gaw warf der CDU vor, die ganze Debatte diene nur dazu, eine Rückbesinnung der Christdemokraten auf ihre konservativen Wurzeln zu zeigen.

Finanzminister Michael Boddenberg äußerte sich erfreut, dass sich so viele Übereinstimmungen gezeigt hätten. Wenn Einigkeit bestehe, dass Menschen ein Bedürfnis nach Heimat hätten, diese aber weder geografisch noch ausgrenzend definiert werden könne, „dann glaube ich, dass sich eine solche Debatte gelohnt hat“, sagte Boddenberg.

(Hanning Voigts)

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