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Hessen: Geordnete Hilfe für Geflüchtete aus der Ukraine

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Von: Hanning Voigts

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Eine ukrainische Geflüchtete und ihr Sohn werden am Frankfurter Hauptbahnhof von einem Helfer in Empfang genommen. Foto: dpa
Eine ukrainische Geflüchtete und ihr Sohn werden am Frankfurter Hauptbahnhof von einem Helfer in Empfang genommen. © dpa

Die hessische Landesregierung bündelt ihre Unterstützung für Flüchtlinge aus der Ukraine in einem eigenen „Aktionsplan“. Weil Mehrkosten in Millionenhöhe erwartet werden, fordert das Land mehr Geld vom Bund.

Die hessische Landesregierung will die staatlichen Hilfen für Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine mit einem eigenen Aktionsplan bündeln und ausbauen. Das 32-seitige Papier mit dem Titel „Solidarität mit der Ukraine – Frieden in Europa – Hessen hilft“ sei ein „integrierter Plan“, der „Orientierung für alle Seiten“ biete, also etwa für ehrenamtliche Helfer:innen und die hessischen Kommunen, aber auch für die Geflüchteten selbst, sagte Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) am Dienstag in der Staatskanzlei in Wiesbaden. Das Ziel des Programms sei es, „rasch, wirksam und möglichst unbürokratisch diesen Menschen zu helfen“, sagte Bouffier. Hessen sei das erste Bundesland, das einen solchen Plan auflege.

Bisher seien schon mehr als 50 000 Flüchtlinge aus der Ukraine in Hessen registriert worden, sie alle verdienten Humanität und Solidarität, betonte der Ministerpräsident, der zugleich den vielen Bürger:innen dankte, die sich bereits ehrenamtlich für die Menschen engagierten. Der Aktionsplan behandele alle Fragen des Ankommens in Hessen von Unterbringung und Kinderbetreuung bis zu Gesundheit, Spracherwerb und Integration in den Arbeitsmarkt. Die 150 Millionen Euro, die der Bund Hessen für die Versorgung der ukrainischen Geflüchteten zugesagt habe, reichten für diese Aufgabe nicht aus, so Bouffier. Man rechne mit Mehrkosten von 200 bis 250 Millionen Euro allein im laufenden Jahr.

Hessen: Noch weiß niemand, wie viele Menschen aus der Ukraine kommen

Der Finanzbedarf könne zudem jederzeit weiter steigen, da man nicht wisse, wie lange der russische Angriffskrieg auf die Ukraine dauern und wie viele Menschen noch nach Hessen fliehen würden. Es sei durchaus denkbar, dass weitere Haushaltsmittel im Landtag beschlossen werden müssten, räumte Bouffier ein. In jedem Fall müsse der Bund seine Finanzhilfen aufstocken.

Der stellvertretende Ministerpräsident und Wirtschaftsminister Tarek Al-Wazir (Grüne) sagte, der hessische Aktionsplan gebe Antworten auf die Tatsache, dass Europa beim Kriegsbeginn Ende Februar „in einer anderen Welt aufgewacht“ sei. Das Programm solle konkret vor Ort wirken, sagte Al-Wazir. So würden etwa die Landesmittel für den Ankauf von Belegungsrechten für Sozialwohnungen von derzeit 14 auf 17 Millionen Euro aufgestockt, auch der soziale Wohnungsbau solle verstärkt werden. Das Land öffne zudem viele bereits bestehende Programme für die Arbeitsmarktintegration für die Geflüchteten aus der Ukraine. Da man nicht wisse, wann der Krieg vor Ort beendet werden könne und viele ukrainische Städte zudem stark zerstört seien, wolle man die vor Hessen liegende Aufgabe bei der Aufnahme der Menschen „geordnet mit einem solchen Aktionsplan angehen“, sagte Al-Wazir.

Große Aufgaben für Hessen, großes Elend bei den Geflüchteten

Ines Claus, Vorsitzende der CDU-Fraktion im Hessischen Landtag, begrüßte, „dass dieser Plan den Pragmatismus atmet“. So sei es richtig, die zulässige Gruppengröße in Kindertagesstätten vorübergehend zu erhöhen, um ukrainische Kinder auch ohne zusätzliche Erzieher:innen schnell aufnehmen zu können. Aufgrund der in Hessen geschaffenen Intensivklassen würden schon jetzt rund 7000 ukrainische Kinder beschult. Der grüne Fraktionsvorsitzende Mathias Wagner sagte, der Plan knüpfe an Erfahrungen aus den Jahren 2015 und 2016 an, als viele Geflüchtete unter anderem aus Syrien nach Hessen gekommen waren. Es gebe derzeit ein „unfassbares Maß der Hilfsbereitschaft“, jetzt brauche es aber „strukturelle Unterstützung“, betonte Wagner. Hessen stehe vor einer großen Herausforderung, diese sei aber kleiner „als das Leid und das Elend der Menschen aus der Ukraine“, sagte Wagner.

Der Aktionsplan geht in insgesamt 17 Unterpunkten alle Bereiche durch, die Geflüchtete aus der Ukraine betreffen. So wird darin betont, dass Hessen derzeit über 13 000 Unterbringungsplätze verfüge, von denen 7300 frei seien. Die Kommunen bekämen für jeden zugewiesenen Flüchtling 3000 Euro. Allein für die Finanzierung von psychosozialer Betreuung, Integrationszentren und Laiendolmetschern stünden 15 Millionen Euro zur Verfügung. Auch Ausnahmeregelungen im Baurecht seien in Kraft gesetzt worden, um leichter neue Unterkünfte schaffen zu können.

Der Aktionsplan baut vorhandene Strukturen in Hessen aus

An den Schulen sollen ukrainische Schüler:innen systematisch beim Erwerb der deutschen Sprache gefördert werden, qualifizierte Lehrkräfte aus der Ukraine sollen unbürokratisch und befristet als Unterstützung im Unterricht eingestellt werden können. Auf dem Arbeitsmarkt sollen ukrainische Berufsqualifikationen in Kooperation mit der Bundesagentur für Arbeit möglichst schnell anerkannt werden, viele Programme der Arbeitsförderung werden auch für die Ukrainer:innen geöffnet.

Das seit 2016 bestehende Programm „Verbraucherkompetenz für Flüchtlinge“ soll Flüchtlinge darüber hinaus zu Themen wie Bankkonten oder Haftpflichtversicherungen beraten. Auch verstärkte Polizeipräsenz vor Flüchtlingsunterkünften ist ein Teil des neuen Aktionsplans.

(Hanning Voigts)

Den Aktionsplan gibt es online auf der Seite der hessischen Staatskanzlei unter www.staatskanzlei.hessen.de

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