Hessen: Corona-Maßnahmen stiften Verwirrung

Nicht nur in der Gastronomie gibt es Unklarheit darüber, welche Vorgehensweise nun umgesetzt werden soll. Und die Vorlaufzeit finden viele zu knapp.
Hessen - „Wir sind Café-Betreiber, Ordnungsamt und Polizei in einem.“ So beschreibt Nadia Boukatcha, Betriebsleiterin im Café Wacker, die Aufgaben, die viele im Gastronomiebetrieb seit Beginn der Corona-Pandemie* zu bewältigen haben. Sie fühlt sich bisher durch ihren Betrieb immer gut informiert, über die neuesten Regeln, die sie durchzusetzen hat.
Dass der Informationsfluss nicht überall so gut läuft, zeigt am Dienstag (09.11.2021) die Verwirrung, die zunächst in Teilen der Gastronomie, aber auch im Handel, in den Fitnessstudios oder den Friseursalons herrschte. Es ist ein Tag, nachdem Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) und Gesundheitsminister Kai Klose (Grüne) die verschärften Corona-Schutzmaßnahmen vorgestellt hatten. Bereits ab diesem Donnerstag (11.11.2021) gelten diese, da es immer mehr Infektionen, vor allem mehr Corona-Kranke auf Intensivstationen gibt.
Corona in Hessen: Gastronomie äußert Unverständnis über neue Regeln
James Ardinast, Vorstandsmitglied der Initiative Gastronomie Frankfurt (IGF), beobachtet ein wachsendes Unverständnis unter den Gastronom:innen: „Viele können nicht nachvollziehen, warum ihre Gäste einen PCR-Test vorlegen müssen, bei den ungeimpften Mitarbeiter:innen reicht jedoch der Antigentest.“ Thi Nguyen, Betreiber eines Restaurants in Bockenheim, hat dieser Verunsicherung einfach vorgegriffen. Er stellte seinen Betrieb schon vor einem Monat auf die 2G-Regel um. „Essen gehen hat etwas mit Vergnügen zu tun und wenn die Leute dann zusätzlich zu den Kosten dafür auch noch für einen Test bezahlen müssen, macht das keinen Sinn“, erklärt er. Nguyen ist sich sicher, dass die Gäste, die nicht genesen oder geimpft sind, dann sowieso ferngeblieben wären. „Und mit dem PCR-Test wird das Ganze ja jetzt noch teurer.“
Während manche Gastronom:innen also eigenhändig Maßnahmen angleichen, ziehen andere eher passiv mit. „Wir schwimmen halt mit und halten uns an die Regeln“, sagt ein Gastronom, der lieber anonym bleiben möchte. Eine andere, die ihren Namen auch nicht nennen will, würde am liebsten jegliche Maßnahmen abschaffen. Die meisten Stammgäste seien sowieso geimpft, so die Gastronomin.
Auch in Sportstätten wird ab Donnerstag ein Schnelltest an der Zugangskontrolle nicht mehr reichen. Jörg Hidding, Geschäftsführer des Frankfurter Frauenfitness-Clubs Amiga, bezeichnet die neuen Regelungen als „eine Impfpflicht durch die Hintertür“. Und ein Armutszeugnis, dass sie erst im Internet suchen müssten, was denn nun genau die neuen Regeln seien. In der Pandemiezeit habe er die Hälfte seiner Mitglieder verloren, so dass er sein zweites Studio in Bockenheim schließen musste. Aber auch schon seit den bislang geltenden 3G-Regeln im Rödelheimer Fitnessstudio hätten einige Frauen ihre Verträge ruhen lassen. „Das bedeutet keine Beitragseinnahmen.“ Ob das nun mit der Pflicht eines PCR-Tests zunehme, könne er nicht sagen. „Die meisten Mitglieder sind geimpft, sagt Amiga-Studioleiterin Jennifer Adam. „Es ist nun eher eine Herausforderung, die Tests für Mitarbeiter und Trainerinnen zu organisieren.“ Auch sie betont, dass die Mitarbeiter:innen bislang eben nur freiwillig dem Studio mitteilten, ob sie geimpft oder genesen seien.
Corona in Hessen: Handel beklagt kurze Vorlaufzeit der neuen Regeln
Im Handel wiederum geht es allein um die Einführung von verpflichtenden Tests für das Personal. Joachim Stoll, Vizepräsident des Handelsverbands Hessen-Süd, beklagt „wieder einmal eine sehr kurze Vorlaufzeit, um das in großen Organisationen vorzubereiten“. Wie viele der geschätzten 25 000 Mitarbeitenden im Großraum Frankfurt nun zweimal die Woche mit Schnelltests getestet werden müssten, könnten sie nicht einschätzen. Denn geimpfte und genesene Mitarbeiter:innen seien zwar von der Testpflicht befreit, doch bislang dürften sie den Impfstatus nicht abfragen. Das sei eine juristische Frage, so Stoll. Generell begrüße der Handelsverband, dass die Regierung Maßnahmen ergreife, um einen weiteren Lockdown zu verhindern. Aber dass nun die Arbeitgeber:innen in der Testpflicht seien, findet Stoll nicht gut. „Besser wäre, wenn die Mitarbeiter in Testcentern getestet würden. Denn diese Tests von Profis sind genauer, als wenn es Privatpersonen durchführen.“ Es sei zudem eine Verlagerung der staatlichen bezahlten Tests zu von Arbeitgeber:innen bezahlten Tests.
Viele Fragen beantworten muss am Dienstag auch Thomas Trapp, Vorstandsmitglied des Landesinnungsverbands Friseurhandwerk Hessen. Denn nach der Pressekonferenz des Ministerpräsidenten vermeldeten einige Medien, dass Kund:innen nun einen PCR-Test für den Friseurbesuch bräuchten. „Beim Friseurbesuch reicht für Menschen, die nicht geimpft oder genesen sind, weiterhin ein Schnelltest“, stellt Trapp klar. Auch hier betrifft die Änderung nur die Testung des Personals. (Kathrin Rosendorff)