Hessen: Bouffier geht, Rhein kommt

Kommende Woche will sich die schwarz-grüne Landesregierung mit Boris Rhein einen neuen Ministerpräsidenten. Das CDU-Schwergewicht Volker Bouffier zieht sich aus der Politik zurück.
Im hessischen Landtag gibt es aktuell beinahe kein anderes Thema mehr. Am kommenden Dienstag tritt Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) von der politischen Bühne ab und Landtagspräsident Boris Rhein (CDU) soll mit der knappen Ein-Stimmen-Mehrheit von CDU und Grünen zu seinem Nachfolger gewählt werden.
Die Personalrochade soll es Rhein ermöglichen, sich im Amt des Regierungschefs zu bewähren und die im Herbst kommenden Jahres anstehende Landtagswahl zu gewinnen. Die CDU, die das Land seit 1999 regiert, will ihre Macht im ehemals „roten Hessen“ behalten.
Hessen: Ein Schwergewicht verlässt die Macht
Volker Bouffier hat neulich bei einem Abschiedsbesuch in der Fraktion der Grünen gesagt, dass es gerade ein sehr bewegender Moment für ihn sei. Und in der Tat dürfte es dem CDU-Schwergewicht schwerfallen, von der Macht zu lassen. Fast zwölf Jahre war Bouffier Ministerpräsident, als Konstrukteur der ersten schwarz-grünen Koalition in einem Flächenland hat er sich vom innenpolitischen Hardliner zum moderierenden Landesvater gewandelt. Am Montagabend wird er mit mehr als 600 geladenen Gästen und militärischem Pomp auf Schloss Biebrich am Rheinufer verabschiedet.
Terminplan
Am kommenden Montag wird Volker Bouffier mit militärischen Ehren als hessischer Ministerpräsident verabschiedet. Tags darauf soll dann Landtagspräsident Boris Rhein zu seinem Nachfolger gewählt werden.
Rheins Amt soll die CDU-Abgeordnete Astrid Wallmann übernehmen, sie wird ebenfalls am Dienstag gewählt. Am 7. Juni will Rhein dann seine erste Regierungserklärung im hessischen Landtag abgeben. han
Obwohl CDU und Grüne sich in dieser Frage sehr gelassen geben, ist es keinesfalls ganz sicher, dass zur Wahl von Boris Rhein am Dienstag sofort alle nötigen 69 Stimmen der Koalition zusammenkommen. Dass die Wahl scheitert, ist unwahrscheinlich, aber es könnte einen zweiten Wahlgang brauchen. Wenn Rhein Regierungschef wird, muss auch ein neuer Landtagspräsident oder eine neue Landtagspräsidentin gewählt werden. CDU und Grüne wollen, dass die 42 Jahre CDU-Landtagsabgeordnete Astrid Wallmann auf Rhein folgt. Noch ist offen, ob die Wiesbadenerin auch Stimmen aus der Opposition erhält: Die SPD ist verschnupft, weil ihr die Personalie erst kurz vor einer Pressekonferenz zur Vorstellung der Kandidatur mitgeteilt wurde.
Auch im Kabinett werden Änderungen erwartet
Auch im Kabinett werden nach Rheins Wahl Änderungen erwartet. Mit dem Rücktritt Bouffiers verlieren zugleich alle Minister:innen ihre Ämter. Der neue Regierungschef dürfte bei der Vorstellung seines Teams die Chance nutzen, eigene Akzente zu setzen. Die FDP-Fraktion forderte am Freitag, Rhein möge Justizministerin Eva Kühne-Hörmann (CDU) entlassen, weil sie bei der schleppenden Digitalisierung der Justiz und in der Affäre um den unter Korruptionsverdacht stehenden Oberstaatsanwalt Alexander B. keine gute Figur mache.
Kühne-Hörmann wird unabhängig davon bald Landtagsabgeordnete sein: Sie wird für Volker Bouffier nachrücken, weil der mit seinem Amt auch sein Mandant niederlegen will.
(Hanning Voigts)