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Hessen: Angst vor dem Wolf

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Von: Jutta Rippegather

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Mahnwache besorgter Weidetierhaltende in Wiesbaden. Michael Schick
Mahnwache besorgter Weidetierhaltende in Wiesbaden. Michael Schick © Michael Schick

Der Umgang mit der lange ausgestorbenen Spezies ist umstritten. Die Landtagsdebatte darüber emotional.

Sie sind zu einer Mahnwache an den Landtag nach Wiesbaden gekommen. Rund 20 Weidetierhalterinnen und -halter demonstrieren am Donnerstag gegen eine Wolfspolitik, die – wie sie sagen – ihre Existenz gefährdet. Hunde haben sie mitgebracht und ein Pferd. Die Schafe hat die vom hessischen Bauernverband angeführte Schar auf der Weide beziehungsweise im Stall gelassen.

Verliert die Scheu

Ihre Forderung hat die FDP-Fraktion als Thema auf die Tagesordnung der Plenardebatte gesetzt. Vereinfachte Entschädigungsregeln etwa und besonders schwierige Kandidaten zum Abschuss freizugeben. Das solle der Abschreckung dienen, sagt Volker Lein, der Vizepräsident des Verbands. Der Lupus verliere selbst in den Siedlungen immer mehr die Scheu.

Der hessische Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) widerspricht. „Bejagung verschlimmert die Probleme“, sagt der stellvertretende Geschäftsführer Thomas Norgall. Das streng territoriale Tier regele seine Bestandsdichte selbst. „Die Lösung zur guten Koexistenz von Mensch, Wolf und Weidetieren führt über den Herdenschutz“, sagt Norgall. Die Fachwelt sei sich einig, dass für den Menschen vom Wolf keine Gefahr ausgehe. Einig ist sich Norgall mit den Teilnehmer:innen der Mahnwache, dass Hessen ein flächendeckendes Angebot der staatlichen Unterstützung beim Herdenschutz schaffen und die Kosten dafür übernehmen sollte.

Vorkommen

In Hessen gibt es derzeit rund 25 Wölfe: ein Rudel, zwei Paare sowie wenige sesshafte Einzeltiere. Hinzu kommen Exemplare auf der Durchwanderung.

Im vergangenen Jahr kam es zu insgesamt zehn nachgewiesene Wolfsübergriffe auf Nutztiere gegeben, bei denen 17 Tiere getötet wurden. Plus dem jüngsten Nachweis eines Wolfs bei Proben, deren Eragbis Mitte Januar vorlagen.Sie stammen von zwei Ende Dezember getöteten Schafen in Hessisch Lichtenau im Werra-Meißner-Kreis. jur

www.hlnug.de

Einzelne Exemplare abschießen wie in Niedersachsen? Bedrohlich für Kinder und Haustiere oder nicht? Um diesen Streit dreht sich auch die Debatte im Landtag, für die die FDP-Abgeordnete Wiebke Knell mit ihrem Antrag die Stichworte liefert. Für Knell ist der Wolfsschutz ein weiteres Beispiel für eine grüne Großstadtpolitik, die die Situation der Landbevölkerung komplett ignoriert. Ein Vorwurf, den Umweltministerin Priska Hinz (Grüne) als Landbewohnerin nicht stehenlassen will: „Ich wohne auch in einer Region, in der sich der Wolf herumtreibt.“ Sie will mit der „Märchenstunde“ aufräumen, der Wolf vermehre sich rasant und unkontrolliert. Rund 25 Exemplare befänden sich auf hessischem Gebiet. „Das ist ein sehr seltenes Tier.“ Es gebe Arbeitsgruppen, Runde Tische mit Betroffenen, hauptamtliche und ehrenamtliche Beauftragte, Entschädigungen, Fördermittel für den Weideschutz. „Wir sind auf die Wiederbesiedlung vorbereitet.“

Kluft wächst

Mit ihrer schlechten Kommunikation trage die Umweltministerin Mitverantwortung für die verhärteten Fronten, urteilt Heinz Lotz (SPD). „Die Kluft zwischen der Angst vor dem Wolf und der Angst um den Wolf in Hessen wird immer größer.“ Hinz nehme die Sorgen und Ängste nicht ernst genug. Lotz wünscht sich eine groß angelegte Studie wie in Niedersachsen, die zu dem Ergebnis kam, dass „eine kontrollierte Entnahme“ einzelner Tier den Bestand nicht gefährdet. „Die Datenlage in Hessen ist unzureichend.“

Hinz dagegen hält nichts von einer auf Ländergrenzen reduzierten Betrachtung. Derzeit laufe eine bundesweite Bestandsaufnahme, daran beteilige sich Hessen gerne mit seinen ausführlichen Daten.

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