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Gut gebrüllt: Die Katastrophe naht

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Von: Pitt von Bebenburg

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Wer schützt die Hessinnen und Hessen vor dem Supersturm? Die Kolumne aus dem Landtag.

Die allermeisten Hessinnen und Hessen ahnen nicht, welche Katastrophe auf sie zukommen könnte. Dagegen ist die Corona-Pandemie eine Lappalie, die Milliardenschulden des Landes sind Peanuts und die Suche nach einer neuen Bundesregierung und einem zukunftsträchtigen CDU-Vorsitzenden bedeutungslos.

Man muss nur groß genug denken, nämlich galaktisch. Aber was tut die Landesregierung? Sie ignoriert die Bedrohung und beschäftigt sich stattdessen mit der Pandemie. Dabei gibt es ganz andere Gefahren. Sagt jedenfalls die AfD.

Sie hat jetzt auf das „Gefahrenpotenzial durch solare Superstürme für die Infrastrukturen in Hessen“ hingewiesen. Scheint so, als habe die Partei ein neues Thema entdeckt, vor dem man sich fast so schön gruseln kann wie vor dem Euro, den berüchtigten „Altparteien“ oder gar vor Flüchtlingen. Und Gruselgeschichten zu verbreiten, gehört bekanntlich zum Kerngeschäft der rechten Truppe.

Natürlich müsste sich eigentlich der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen mit den Vorkehrungen gegen solare Superstürme befassen, aber weil die AfD dort über keinen Sitz verfügt, versucht sie es im hessischen Landtag. Wer weiß, vielleicht ziehen Ebbelwei und Grüne Soße die gefährlichen elektromagnetischen Strahlungen ja auch besonders an.

Das hätte schon im September 1859 schreckliche Folgen haben können. Damals brach tagelang ein magnetischer Sturm über die Erde herein, der von der Sonne ausgegangen war und der von dem Astronomen Richard Christopher Carrington beobachtet wurde, weshalb er als „Carrington-Ereignis“ bekannt wurde. Zum Glück gab es kaum eine Infrastruktur, die beschädigt werden konnte. Nicht einmal in Hessen.

Das sieht heute ganz anders aus. Und da so ein Carrington-Ereignis im Schnitt alle 500 Jahre die Erde trifft, wird es Zeit, sich zu wappnen. Also haben vier AfD-Landtagsabgeordnete – darunter übrigens zwei, die sich an diesem Wochenende um den Parteivorsitz der hessischen AfD bewerben – allen Ernstes nachgefragt: Gibt es einen hessischen Katstrophenplan für den solaren Supersturm? Ist die hessische Bevölkerung auf das Ereignis „ausreichend vorbereitet“? Und wurden von der Landesregierung „finanzielle Vorkehrungen getroffen“, um die erwarteten Schäden zu beheben?

Vermutlich haben sie sich in der schwarz-grünen Landesregierung darum gerissen, diese stürmischen Fragen beantworten zu dürfen. Für Umweltaspekte wäre Priska Hinz zuständig, für Gesundheit Kai Klose, für den Schutz der Wirtschaft Tarek Al-Wazir, für die Wissenschaft Angela Dorn. Alle hätten sie den Finger heben können. Der vermutlich für intergalaktische Fragen verantwortliche Ministerpräsident Volker Bouffier scheint verzichtet zu haben. Also machte Innenminister Peter Beuth das Rennen.

„Der hessischen Landesregierung ist bewusst, dass der Weltraum mit seinen unendlichen Weiten eine besondere Faszination ausübt“, antwortete er. Es sei auch richtig, dass Sonnenstürme eine „potenzielle Gefährdung“ darstellten. „Allerdings ist die Wahrscheinlichkeit, dass sich starke Sonnenstürme in Richtung der Erde ausbreiten, nicht sehr groß“, fügt Beuth ernüchternd hinzu.

Dann lässt er die hessische Pointe folgen. Europa baue mit den USA ein Beobachtungssystem für das Weltraumwetter auf, um die Erforschung und die Möglichkeiten der Prognose zu verbessern. Und zwar wo? In Darmstadt, wo das „Weltraumwetter-Beobachtungssystem der Europäischen Weltraumorganisation ESA“ seinen Sitz habe. Donnerwetter!

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