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FR-Interview: Junge Union fordert klaren Plan von Bouffier für Hessen-CDU

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Von: Pitt von Bebenburg

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Sebastian Sommer, Chef der Jungen Union in Hessen, erwartet einen baldigen Plan von Ministerpräsident Volker Bouffier.
Sebastian Sommer, Chef der Jungen Union in Hessen, erwartet einen baldigen Plan von Ministerpräsident Volker Bouffier. © Michael Schick

Hessens JU-Vorsitzender Sebastian Sommer warnt: „Wir dürfen auf keinen Fall so kopflos in Hessen hin- und her irren, wie es die Bundespartei nach dem angekündigten Rückzug von Angela Merkel bis zum heutigen Tage tut.“ Er richtet deutliche Worte an Landeschef Bouffier.

Der hessische Landesvorsitzende der Jungen Union, Sebastian Sommer, dringt auf Aufbruch in der CDU – im Bund und in Hessen. Der Landesvorsitzende Volker Bouffier solle sich möglichst bald entscheiden, wie es in der hessischen Partei weitergeht.

„Dieses Ergebnis war vorhersehbar“

Herr Sommer, die CDU hat einen Absturz bei der Bundestagswahl erlebt. Was ist schiefgelaufen?

Da haben einige Dinge nicht gestimmt, angefangen beim Kanzlerkandidaten bis hin zur Kampagne, die nicht gegriffen hat. Dieses Ergebnis war vorhersehbar.

Die Union regiert seit 16 Jahren im Bund und seit mehr als 20 Jahren in Hessen. Kann die CDU Opposition?

Die Union muss Opposition ein Stück weit wieder lernen. Das fängt bei uns in der Jungen Union an. Alle, die da aktiv sind, kennen nur Regierungszeiten. In der Union müssen einige Mechanismen umgestellt werden. Der Ton muss sich verändern. Die Programmatik muss deutlicher werden, damit man auch wahrgenommen wird, gerade angesichts der Extreme rechts und links, die mit uns in der Opposition sind.

Wie verhindern Sie, dass es bei der hessischen Landtagswahl in zwei Jahren genauso kommt?

Wir müssen jetzt die richtigen Weichen stellen, damit uns das nicht passiert. Wir dürfen auf keinen Fall so kopflos in Hessen hin- und her irren, wie es die Bundespartei nach dem angekündigten Rückzug von Angela Merkel bis zum heutigen Tage tut. Volker Bouffier ist gefragt, die Initiative zu ergreifen und einen Plan zu präsentieren, wie das Ganze gelingen soll bis zum Jahr 2023.

Wann soll er das tun?

Möglichst bald.

Beispiel Hendrik Wüst in NRW

Wie soll es in der hessischen CDU personell weitergehen?

Der Ball liegt ganz klar bei Volker Bouffier. Er ist eine erfahrene Kraft. Er weiß am ehesten, was zu tun ist an dieser Stelle. Ich appelliere eindringlich, dass man zeitnah einen Plan entwickelt. Wenn man einen Wechsel organisieren will, wenn man einen Hendrik-Wüst-Moment ( neuer Ministerpräsident in NRW, Red. ) haben möchte wie in NRW, dann muss man das möglichst bald tun.

Haben Sie eine Präferenz, wer Bouffiers Nachfolger werden sollte?

Nein, ich habe da keine Präferenz. Das hat einen ganz einfachen Grund: Es muss das Gesamtpaket stimmen. Ich muss aus Sicht der Jungen wissen: Wer macht uns hier das beste Angebot, wer geht auf unsere Themen ein, und wer schafft es, eine geeignete Mannschaft um sich zu versammeln und zu zeigen, dass auch in der Landtagsfraktion noch eine Verjüngung stattfinden kann.

„Friedrich Merz steht für einen anderen Stil“

Und wie sieht es bei der Bundes-CDU aus? Sie waren Anfang des Jahres erklärter Befürworter von Friedrich Merz. Jetzt auch?

Bei dem Bewerberfeld wird er sicher aus den Reihen der Jungen Union zahlreiche Stimmen bekommen. Friedrich Merz steht für einen anderen Stil. Deshalb wird er sicherlich Unterstützung erfahren.

Ist das eine Veränderung nach vorne oder nicht doch eher zurück in die 90er Jahre?

Nein, das muss eine Entwicklung nach vorne sein. Deshalb geht es nicht nur um die Person des Parteivorsitzenden, sondern auch um die Frage, welches Team es um ihn herum gibt.

Zur Person

Zur Person

Sebastian Sommer steht seit 2019 an der Spitze der Jungen Union Hessen. Im August 2021 wurde der 27-Jährige aus Wehrheim für weitere zwei Jahre im Amt bestätigt. Sommer arbeitet als Beamter im Bereich der Verwaltungsdigitalisierung im hessischen Innenministerium.
Die Junge Union Hessen hat rund 10.000 Mitglieder. Die Organisation steht der CDU nahe. Doch nur ein knappes Viertel der Mitglieder gehört auch der Partei an. pit

Sehen Sie von den Jüngeren jemanden, der vorne mit reingehört?

Ich würde mir wünschen, dass Jens Spahn weiterhin eine führende Rolle einnimmt. Egal, wie der Parteivorsitzende heißt, er muss auf die Jungen zugehen, um zu zeigen, dass die CDU zukunftsfähig ist.

Mit Helge Braun kandidiert ein Hesse für den Parteivorsitz, aber er hat nicht die ausdrückliche Unterstützung der Landespartei. Ist das nicht seltsam?

Wir haben eine Mitgliederbefragung, für die wir als Junge Union sehr lange gekämpft haben. Deshalb entscheiden die Mitglieder. Es ist richtig, dass Parteigremien da keine Empfehlung aussprechen.

Junge Generation soll nicht unter die Räder kommen

Welche Zukunftsthemen sind Ihnen wichtig?

Bildung, Digitalisierung, innere Sicherheit. Und Nachhaltigkeit. Wir müssen zeigen, dass wir aus der Regierung heraus dieses Land gestalten wollen. Dieser Wille muss endlich erkennbar werden. Das wird sich in nächster Zeit beim Thema Bildung wieder zeigen. Wir stehen vor der nächsten Corona-Welle. Schaffen wir es endlich, unsere Hochschulen und unsere Schulen so vorzubereiten, dass nicht wieder die junge Generation unter die Räder kommt?

Wäre es denn bei den steigenden Corona-Inzidenzen zu verantworten, wieder mehr Präsenz an den Hochschulen zuzulassen?

Die Vorkehrungen müssen stimmen, und die Zahlen müssen es hergeben, das ist vollkommen richtig. Aber man müsste zeigen, dass man darauf vorbereitet ist, es besser zu wuppen. Wenn die Unis wieder zumachen, wenn die Bibliotheken eingeschränkten Betrieb haben, müssen wir besser darauf vorbereitet sein.

„Es darf keine No-go-Areas geben“

Was fordern Sie in der Innenpolitik?

Das Sicherheitsgefühl in der Gesellschaft muss wieder stabiler werden. Es darf keine No-go-Areas geben. Der Staat muss Präsenz zeigen in Bereichen wie dem Frankfurter Hauptbahnhof. Wir müssen als Union deutlicher zeigen, dass wir die Rahmenbedingungen schaffen, damit sich die Menschen hier sicherer fühlen.

Der dritte Komplex: Nachhaltigkeit. In unserem vorigen Interview hatten Sie sich scharf von den Grünen abgegrenzt und vor Klimahysterie gewarnt. Wie ist nachhaltige Politik aus Ihrer Sicht zu gestalten?

Wir müssen am 1,5-Grad-Ziel festhalten. Hier unterscheiden wir uns im Ziel überhaupt nicht von den Grünen, aber in der Art, wie wir es erreichen wollen. Wir wollen das Ganze ohne Verbote, ohne Einschränkungen erreichen. Wir wollen es durch Innovationen, durch Forschung schaffen, indem wir unserer Industrie in diesem Bereich etwas zutrauen und sie zeigt, dass sie dieses Problem selbst erkannt hat.

Deutschland soll vorangehen

Das war ja die Hoffnung bereits unter Angela Merkel, die sich nicht erfüllt hat. Die CO2-Emissionen sind nicht gesunken, sondern immer weiter gestiegen.

Wir haben im Bereich des CO2-Handels große Erfolge erreicht, im Sinne einer europäischen Lösung. Deutschland muss vorangehen, und es geht auch voran, indem wir uns selbst Ziele setzen, von denen andere noch weit entfernt sind. Vorbild ja, aber wir sind nicht diejenigen, die die Welt alleine retten können.

Die Union ist in der Krise. Macht es trotzdem Spaß?

Ja, es macht Spaß. Wenn die Umfragewerte mal nicht so sind, wie man sie sich wünscht, ist das für jemanden wie mich eine Motivation zu sagen, jetzt muss ich noch mehr anpacken und der Partei an der einen oder anderen Stelle den Schubs geben.

Wird auf die Junge Union gehört?

Die Junge Union hat mit ihren 10 000 Mitgliedern in Hessen Gewicht. Deswegen bin ich sicher: Egal, wer anstrebt, hier in Hessen die Nachfolge von Volker Bouffier anzustreben, wird auf die Junge Union zugehen.

Interview: Pitt von Bebenburg

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