Flughafen Frankfurt: Zehn Jahre Landebahn Nordwest

Der Flughafenausbau spaltet weiter die Region. Und es gibt einen neuen Vorstoß gegen Kurzstreckenflüge.
Angekündigt ist eine Mahnwache. Der Anlass: die Inbetriebnahme der Landebahn Nordwest am Frankfurter Flughafen vor zehn Jahren. Wie viele Menschen am heutigen Donnerstag dem Aufruf folgen und nach eineinhalb Jahren erstmals wieder zum Protestieren ins Terminal 1 kommen werden, ist nachrangig, sagt Michael Flörsheimer, einer der vier Sprecher des Bündnisses der mehr als 80 Bürgerinitiativen gegen den Flughafenausbau (BBI). „Wichtig ist der Inhalt“, betont er. Schon längst gehe es nicht mehr alleine um die persönliche Lärm-Betroffenheit, sondern um viel weitreichendere Folgen der Fliegerei. Das Bündnis versteht sich als Teil der Klimabewegung. Denn: „30 Prozent des CO2-Ausstoßes in Hessen gehen zu Lasten des Flugverkehrs.“ Alleine 14 Millionen Tonnen seien es im Jahr 2019 gewesen. „Mehr als der gesamte Straßenverkehr in Hessen.“
Das BBI steht auf der einen Seite. Auf der anderen Seite steht der Verein „Bürgeraktion pro Flughafen“. Der sieht das Zehnjährige als Grund zum Feiern und gratuliert: „Es ist heute nicht selbstverständlich, dass die Politik die Kraft findet, ein solch großes Vorhaben, das auch eine größere Zahl von Bürgern belastet, zu realisieren“, sagt Vorsitzender Klaus-Peter Willsch. Der Ausbau sei notwendig gewesen. Das beweise die Zahl von 70,6 Millionen Fluggästen im Jahr 2019.
Die Forderungen
Die Mahnwache am Donnerstag, 21. Oktober, beginnt um 18 Uhr am
Flughafen Frankfurt, Terminal 1, Halle B.
Die Ziele: kein Ausbau des Frankfurter Flughafens und anderer Flughäfen in der Region; Baustopp des Terminals 3; absolutes Nachtflugverbot von 22 bis 6 Uhr; maximal 380 000 Flugbewegungen pro Jahr und weniger Fluglärm, Luftverschmutzung und Bodenverbrauch durch Flugverkehr im Rhein-Main-Gebiet; Stilllegung der Landebahn Nordwest.
Außerdem : rechtlich einklagbare Grenzen der Belastung; verursachergerechte Zuordnung von Kosten auf die Luftverkehrsindustrie; Stopp der Subventionen. jur
Weitere Info s unter:
www.flughafen-bi.de
Dann kam Corona. Und auf einen Schlag war der Himmel leer. Inzwischen steigen wieder mehr Menschen in die Jets. Doch von einer Rückkehr zur alten Stärke ist Flughafenbetreiberin Fraport noch meilenweit entfernt.
Für September zählte der Airport rund 3,1 Millionen Fluggäste. Gegenüber dem Vergleichsmonat des Vorjahres ein sattes Plus von 169 Prozent. Wie bereits im August wurde annähernd die Hälfte des Vorkrisenniveaus erreicht. Kumuliert über die ersten neun Monate des Jahres lag das Aufkommen jedoch bei rund 15,8 Millionen Passagieren. Ein Rückgang von 71 Prozent gegenüber 2019. Grund für die positive Entwicklung ist der touristische Verkehr. Und es ist anzunehmen, dass auch künftig manche Videokonferenz die Geschäftsreise ersetzt.
Unterdessen haben 14 Organisationen der Umwelt- und Mobilitätswende-Bewegung einen neuen Vorstoß gegen Kurzstreckenflüge unternommen, die innerhalb von vier Stunden im ICE erreichbar wären. Anlässlich der Koalitionsgespräche in Berlin fordern sie ein „sofortiges Verbot von Ultrakurzstreckenflügen und einen sozial gerechten und ökologischen Ausbau des Bahnverkehrs“. Unnötige Kurzstreckenflüge abzuschaffen, das sei „eine längst überfällige und einfach umzusetzende Sofortmaßnahme für Klimaschutz“, sagt Jonas Asal, Flugverkehrsreferent bei der Umweltorganisation Robin Wood. BBI-Sprecher Flörsheimer ist pessimistisch, dass eine Ampel-Koalition dieses „heiße Eisen“ anpacken wird. Wer sich ohne Not in den Sondierungsgesprächen vom Tempolimit 130 verabschiede, werde sich erst recht nicht an die Kurzstreckenflüge trauen. Und: „Ohne die Verkehrswende wird es keine Luftverkehrswende geben.“
Auf geteiltes Echo stößt der Jahrestag bei den Fraktionen im hessischen Landtag. „Die Fraport AG hat mit diesem privat finanzierten Infrastrukturvorhaben großen unternehmerischen Mut bewiesen und die Weichen für eine gute Zukunft gestellt, von der ein Großteil der Region bis heute profitiert“, urteilt Heiko Kasseckert (CDU). Christiane Böhm (Linksfraktion) kritisiert die „Fehlentscheidung“. Die Regierungsbeteiligung der Grünen in Wiesbaden habe an der Situation der betroffenen Menschen in der Region nichts geändert.