1. Startseite
  2. Rhein-Main
  3. Landespolitik

Fähren an Rhein und Main: Übersetzungsarbeit im Fluss

Erstellt: Aktualisiert:

Von: Peter Hanack

Kommentare

Führerlos: Seit der Fährmann gestorben ist, liegt die „Okriftel“ auf dem Trockendock. Ein Nachfolger, der das Steuer übernehmen könnte, ist bislang nicht gefunden.
Führerlos: Seit der Fährmann gestorben ist, liegt die „Okriftel“ auf dem Trockendock. Ein Nachfolger, der das Steuer übernehmen könnte, ist bislang nicht gefunden. © Michael Schick

Die Fähren an Rhein und Main ersparen ihren Passagieren eine Menge Zeit und große Umwege, doch viele Verbindungen sind gefährdet. Auch in Frankfurt.

Eine gute Nachricht zu Beginn: Die Rheinfähre „Landskrone“, die zwischen dem hessischen Kornsand und Nierstein in Rheinland-Pfalz verkehrt, wird auch künftig die beiden Bundesländer verbinden. Nach längerem Hin und Her über die Finanzierung hat nun das hessische Verkehrsministerium der Betreiberin seine finanzielle Unterstützung zugesagt.

Vielleicht haben die rund 8000 Unterschriften unter eine Petition zum Erhalt der Fährverbindung geholfen, vielleicht war es auch die Einsicht in „die hohe Bedeutung der Fähre für die Straßenverbindung zwischen den beiden Bundesländern“, wie das Ministerium mitteilt. Die Rettung kommt jedenfalls „kurz vor zwölf“, so Cornelia Dries, Geschäftsführerin der Rheinfähre. In Bedrängnis geraten war die „Landskrone“, weil es auf beiden Ufern Baustellen gibt, die einen Passagierrückgang um zwei Drittel zur Folge hatten.

20 Kilometer Umweg

Ein Ende der Fährverbindung hätte für das verbliebene Drittel der Fahrgäste weite Umwege bedeutet. Bis zur Fähre zwischen Eich und Gernsheim rheinaufwärts sind es rund 20 Kilometer, rheinabwärts gibt es ebenfalls erst nach 13 Kilometern – bei der Weisenauer Autobahnbrücke – die nächste Rheinquerung.

Die Zukunft der Rheinfähre „Landskrone“ von Nierstein nach Kornsand/Trebur scheint gesichert.
Die Rheinfähre „Landskrone“ von Nierstein nach Kornsand/Trebur ist gerettet. Das Land hat finanzielle Unterstützung zugesagt. © privat

Nicht immer geht es so gut aus wie zwischen Hessen und Rheinland-Pfalz. Es war ein dramatischer Augenblick, als an jenem Tag im Juli 2019 das Führungsseil der Fähre zwischen Maintal-Dörnigheim und Mühlheim-Dietesheim mit einem lauten Knall riss. Gerade erst hatte ein neuer Pächter die vom Kreis Offenbach betriebene Fährverbindung übernommen, die seit 2017 ruhte. Glück im Unglück, dass bei dem Unfall niemand verletzt wurde. Doch seither ist Schluss mit dieser Übersetzungsarbeit am Main. Seit er über Ebay versteigert wurde, liegt der blaue Kahn nahe seines ehemaligen Einsatzortes in einer kleinen Marina an Land, wie ein Fisch auf dem Trockenen.

Brücke oder Solar-Boot?

Was dort, zwischen Frankfurt und Hanau, einmal werden wird, ist unklar. Die Rede ist von einer Elektrofähre, alternativ von einer kleinen Lösung, bei der immerhin Fußgänger:innen und Radfahrende übersetzen könnten. Immer wieder flammt auch die Diskussion um einen Brückenbau auf, doch der liegt, wenn er denn überhaupt kommt, in weiter Ferne. Schließlich gibt es ganz in der Nähe auch noch die Fähre Rumpenheim, die Offenbach mit Maintal verbindet.

Fähren verbinden seit jeher Menschen beidseits der Ufer. Doch in vielen Orten entlang des Mains oder Rheins wurden Verbindungen schon vor langer Zeit zum Stoff für die Geschichtsbücher. Wo einst nicht weit von Hanau zwischen Klein-Krotzenburg und Großkrotzenburg eine Fußgänger- und Rad-Fähre pendelte, dümpeln heute Schwäne und Enten im Wasser. Die Stelle ist bei Wasservögeln beliebt, möglicherweise, weil hier die Strömung des Flusses gering ist und der Weg an Land beziehungsweise zurück ins Wasser geebnet.

Frankfurter Fähre gefährdet

Gefährdet ist auch die Höchster Mainfähre im Frankfurter Westen. Der Kapitän der „Walter Kolb“ hat jüngst damit gedroht, den Betrieb einzustellen. Die Situation ist schon länger angespannt, doch nun setzen steigende Energiepreise für Diesel Sven Junghans verstärkt unter Druck. Wenn die Stadt ihren Zuschuss nicht von 50 000 auf 75 000 Euro im Jahr erhöhe, sei bald Schluss, sagt er.

Und zwischen Okriftel und Kelsterbach hat der Tod des Fährmanns für die Einstellung des Pendelverkehrs über den Main gesorgt. Die kleine „Okriftel“, Garant für den schnellen Seitenwechsel, liegt erst einmal im Trockendock. Und ist dabei in guter Gesellschaft.

Üblicherweise weht die deutsche Flagge neben der Seligenstädter Fahne stolz über dem Deck der „Stadt Seligenstadt“, die jenen Ort auf hessischer Seite mit dem gegenüberliegenden bayerischen Ufer verbindet. Zurzeit hat jedoch eine Panne die Fähre außer Betrieb gesetzt.

Mini-Kreuzfahrt in Seligenstadt

Auch hier war der Fortbestand des länderverbindenden Verkehrsträgers lange fraglich. Die Finanzierung stand auf wackeligen Beinen. Inzwischen gibt es eine neue Routine mit eingeschränkten Fahrzeiten, aber immerhin bringt die „Stadt Seligenstadt“, 1971 in Dienst genommen, die Menschen normalerweise weiter zuverlässig über das Wasser, zum Einkaufen, zur Arbeit, zum Bummeln oder Eis essen. Weit und breit führt kein anderer Weg oder Steg übers Wasser. Das wird besonders schmerzlich dann bewusst, wenn die Verbindung ausfällt, wie jetzt vor dem langen Ausflugswochenende rund um Himmelfahrt, als die Fähre ihren Dienst verweigerte. Geduld ist gefragt. Die Reparaturzeit ist auf drei Wochen veranschlagt – mindestens.

Auch hier, wo seit dem 9. Jahrhundert über den Main gesetzt wird, ist immer mal wieder von einer Brücke die Rede. Die fällt nicht aus und kostet in aller Regel auch keinen Wegezoll. Zudem ist sie unempfindlich gegen Hoch- und Niedrigwasser, macht keinen Dreck und verbrennt keinen Sprit.

Doch außer den hohen Baukosten sowie der langen Planungszeit spricht noch etwas anderes gegen eine feste Flussquerung. Ist es doch immer wieder ein kleines Stückchen Abenteuer, eine Mini-Flussfahrt, einmal rüber über Main oder Rhein und retour. Der Schiffsdiesel tuckert, die Fahnen wehen, die Möwen schreien ihre Namen in den weiß-blauen Himmel. Man ist versucht, „Ahoi!“ zu rufen. Oder wenigstens „Fährmann, hol über“.

Auch interessant

Kommentare