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Kritik an Waffenbehörde

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Von: Gregor Haschnik

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Erinnerung an den Anschlag an der Hanauer Gedenkstätte Heumarkt. Michael Schick
Erinnerung an den Anschlag an der Hanauer Gedenkstätte Heumarkt. © Michael Schick

Der Untersuchungsausschuss zum Anschlag vom 19. Februar beleuchtet den Umgang des Amtes mit dem späteren Attentäter.

Im Hanau-Untersuchungsausschuss ist Kritik am Umgang der Waffenbehörde des Main-Kinzig-Kreises mit dem Attentäter laut geworden. Jörg Michael Müller (CDU) und weitere Abgeordnete bemängelten, die Behörde habe trotz vieler Hinweise darauf, dass er sich für gewöhnlich in München aufhielt, nicht das dortige Amt informiert, das eigentlich zuständig gewesen wäre. Zudem hätte die Kreisbehörde die Eignung und Zuverlässigkeit des Waffenbesitzers intensiver prüfen müssen, auch weil sich der 43-Jährige nicht in der bayerischen Landeshauptstadt anmeldete und somit gegen die Meldepflicht verstieß.

Bei der Sitzung am Freitag waren eine Sachbearbeiterin, ein Amtsleiter und die für das Amt zuständige Erste Kreisbeigeordnete, Susanne Simmler (SPD), als Zeug:innen geladen. Die Behörde hatte dem Täter, der in Schützenvereinen aktiv war, 2013 eine Waffenerlaubnis und eine Besitzkarte erteilt und später verlängert. 2019 erhielt er einen europäischen Feuerwaffenpass. Am 19. Februar 2020 erschoss der Rassist neun Menschen. Dann tötete er seine Mutter und sich selbst.

Amt weist Vorwürfe zurück

Vertreter:innen der Behörde wiesen Vorwürfe zurück: Es hätte, auch in München, sagte die Sachbearbeiterin, keine Möglichkeit bestanden, dem Täter die Waffenerlaubnis zu entziehen, weil die Ermittlungsverfahren gegen ihn, zum Beispiel wegen Sozialleistungsbetrugs und Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz, eingestellt wurden. Anhaltspunkte für Mängel bei der Aufbewahrung der Waffen sah das Amt ebenfalls nicht. Der Attentäter sei nicht der Aufforderung gefolgt, Fotos von seinem offenen Waffenschrank zu schicken, doch der Lieferschein für den Tresor habe gereicht.

Simmler räumte ein, es sei ein Fehler gewesen, den Fall nicht nach München abzugeben. Daher habe sie nach dem Anschlag mit dem Amtsleiter angewiesen, bei Wohnsitzwechseln die Amtskolleg:innen zu informieren. Zudem sei die Waffenbehörde personell aufgestockt worden. Die Dezernentin verwies allerdings darauf, dass die Staatsanwaltschaft Ermittlungen gegen Mitarbeitende wegen des Vorwurfs der fahrlässigen Tötung eingestellt hat und diese pflichtgemäß gehandelt hätten.

Der Täter hatte in seinen Briefen unter anderem angegeben, in München zu arbeiten und hauptsächlich dort zu schießen und gebeten, seine dortige Adresse zu nutzen. Müller kritisierte, dass die Waffenbehörde ihre Zuständigkeit damit rechtfertigte, sein Hauptwohnsitz sei angeblich in Hanau gewesen. Der gewöhnliche Aufenthaltsort sei entscheidend. Es sei unklar gewesen, wo sich die Waffen befinden. Darüber hinaus, so Müller, hätten das Betäubungsmittelverfahren und die in der Regel mit einem Bußgeld bestrafte „Verschleierung“ der Wohnsitzsituation – die der Main-Kinzig-Kreis hätte anzeigen müssen – dazu geführt, dass der spätere Attentäter vom Münchner Amt vorgeladen worden wäre. Heike Hofmann (SPD) sagte, der Beleg für den Waffentresor sei kein hinreichender Nachweis. Zudem habe kein „08/15-Fall“, sondern mit dem Meldepflicht-Verstoß und dem späten oder versäumten Antworten auf Fragen des Amtes eine „Kumulierung“ von Fehlverhalten vorgelegen, weshalb eine genauere Prüfung geboten gewesen wäre. gha

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