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Hessen: Kritik an Gesetzentwurf der Linken

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Von: Hanning Voigts

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Der hessische Landtag lehnt die Idee der Linksfraktion ab, Flüchtlinge zur Not auch in privaten Gebäuden unterzubringen. Nur die SPD findet den Gesetzentwurf zumindest „diskussionswürdig“.

Zehntausende Menschen aus der Ukraine haben in Hessen Zuflucht gefunden. dpa
Zehntausende Menschen aus der Ukraine haben in Hessen Zuflucht gefunden, außerdem noch viele andere Schutzsuchende. © dpa

In einem Punkt bestand fraktionsübergreifend Einigkeit im hessischen Landtag: Die hessischen Kommunen sind mit der Unterbringung von Kriegsflüchtlingen aus der von Russland angegriffenen Ukraine und Asylsuchenden aus anderen Ländern im Moment sehr stark gefordert, teilweise auch überfordert. Damit hörte die Einigkeit aber auch schon wieder auf, als am Dienstagabend ein Gesetzentwurf der Linksfraktion debattiert wurde. Die Linken wollen den Kommunen die Möglichkeit geben, private Gebäude, etwa leerstehenden Büroraum, zur Unterbringung von Flüchtlingen zu nutzen, auch gegen den Willen der Eigentümer:innen.

Die aktuell enge Situation auf dem Wohnungsmarkt sei „hausgemacht“, sagte die Linken-Abgeordnete Saadet Sönmez zur Begründung des Vorstoßes. In Hessen seien jahrelang zu wenig Sozialwohnungen gebaut worden, auch anerkannte Flüchtlinge säßen teils jahrelang in Gemeinschaftsunterkünften fest.

Hessen: Linkspartei prangert leerstehende Bürogebäude an

Um die aktuelle Lage abzumildern und Obdachlosigkeit von Flüchtlingen zu verhindern, wolle man „die rechtlichen Möglichkeiten der Kommunen erweitern“. Mehr als drei Monate leerstehende Gebäude könnten in einer zuvor festgestellten Notsituation sichergestellt und für Geflüchtete genutzt werden. „Die Eigentümer erhalten dafür eine Entschädigung“, so Sönmez. Es sei „nicht vertretbar“, dass Millionen Quadratmeter Büroraum leerstünden, während in einigen Kommunen Zeltstädte für Geflüchtete errichtet würden.

Aus den übrigen Fraktionen und der Landesregierung schlug dem Gesetzentwurf der Linken breite Kritik entgegen. Lediglich Heike Hofmann von der SPD befand ihn als „diskussionwürdig“, brachte aber bereits deutliche verfassungsrechtliche Bedenken vor. So stelle sich etwa die Frage, an welche Bedingungen die Verhängung einer Notlage geknüpft werde, die Verhältnismäßigkeit bei Grundrechtseingriffen müsse in jedem Fall gewahrt bleiben.

Hessen: Innenminister Peter Beuth hält die Idee für verfassungswidrig

Innenminister Peter Beuth (CDU) lehnte den Entwurf der Linken rundheraus ab. Er sei „untauglich“ und verfassungswidrig, weil er auf eine „Enteignung von Wohnungs- und Grundstückseigentümern“ hinauslaufe, urteilte Beuth. Das Grundgesetz setze aber hohe Hürden vor Enteignungen, die nur dann zulässig seien, wenn es ein überragendes Interesse der Allgemeinheit gebe. Nötig seien die Vorschläge der Linken auch nicht, weil das Land bereits viele Anstrengungen unternehme, um mehr Unterkünfte für Geflüchtete zu schaffen.

Der FDP-Abgeordnete Jörg-Uwe Hahn monierte, der Gesetzentwurf stelle „eine Bagatellisierung der Probleme“ dar, weil ein paar beschlagnahmte Häuser in der aktuellen Lage kaum helfen könnten. Der Entwurf sei zudem „schlicht verfassungswidrig“ und setze vor allem auf eine parteipolitische Außenwirkung. „Diese Art der Politik ist in unseren Augen nicht nachhaltig“, sagte Hahn. Die Grüne Eva Goldbach verwies wie Innenminister Beuth auf die vielen Anstrengungen des Landes und sagte, der Entwurf sei „sicherlich gut gemeint“, helfe aber niemandem. Der AfD-Politiker Volker Richter kritisierte, der Entwurf sei „zutiefst bürgerfeindlich“, weil er die Unverletzlichkeit der Wohnung angreife. (Hanning Voigts)

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