Nach Schlagstockeinsatz gegen Apotheker: Freispruch für Polizisten aus Kelsterbach
Das Amtsgericht Rüsselsheim hat zwei Polizeibeamte aus Kelsterbach freigesprochen. Einer der beiden hatte einen Apotheker mit einem Schlagstock geschlagen.
Rüsselsheim - Zwei 33 und 24 Jahre Polizeibeamte aus Kelsterbach sind am Montag vor dem Amtsgericht Rüsselsheim (Kreis Groß-Gerau) vom Vorwurf der Körperverletzung im Amt freigesprochen worden.
Im September 2021 hatte der 33-Jährige bei einem Gerangel mit dem Inhaber einer Apotheke auf deren Parkplatz seinen Schlagstock gezogen und zugeschlagen, nachdem der Apotheker ihn am Uniformkragen gepackt hatte, als er sich dagegen wehren wollte, sich auf den Boden zu legen. Der Mann hatte sich ausweisen sollen, hatte aber seine Dokumente in der Apotheke. Vorausgegangen war eine Verkehrskontrolle eines anderen Mannes, gegen die der Apotheker eingeschritten war, weil er sie als geschäftsschädigend empfunden hatte. Der Apotheker trug ein Hämatom am Unterschenkel davon.
Die Staatsanwaltschaft hatte für den 33-Jährigen das Mindeststrafmaß von 90 Tagessätzen à 60 Euro gefordert, was einer Freiheitsstrafe von drei Monaten entspricht; für den wegen Beihilfe mitangeklagten Kollegen beantragte sie Freispruch.

Amtsgericht Rüsselsheim: Willkür der Polizei muss ausgeschlossen sein
Richterin Andrea Besold sagte in der Urteilsbegründung, es sei unstrittig, dass es zu einer körperlichen Auseinandersetzung gekommen sei. Es gebe aber keine Hinweise auf einen abgesprochenen, gemeinschaftlichen Tatplan. Der 24-Jährige habe seinem Kollegen helfen wollen. Ob dessen Schlagstockeinsatz vertretbar gewesen sei, werde unterschiedlich bewertet, habe aber gerade noch im erlaubten Einschätzungsspielraum des Beamten gelegen. Man dürfe nicht außer Acht lassen, dass solche Entscheidungen in der Polizeipraxis in Sekunden getroffen werden müssten. Sicher sei das Verhalten „nicht besonnen, klug oder weise“ gewesen. Willkür der Polizei müsse ausgeschlossen sein. „Wenn dies in Gefahr gerät, wird die gesamte Instanz gefährdet.“
Über mehrere Verhandlungstage waren zahlreiche Zeug:innen gehört worden. Das Geschehen war mit der Bodycam des 24-Jährigen gefilmt worden. Außerdem gab es ein Handyvideo einer Zeugin. Der Vorfall fand breites mediales Interesse. Einer der beiden Polizisten klagte gegen die Art der Berichterstattung. Diese war laut Landgericht Frankfurt aber durch die Meinungsfreiheit gedeckt.
Der Apotheker, der jetzt als Nebenkläger auftrat, wollte sich nach dem Urteil nicht äußern. Der freigesprochene Polizist sagte der FR, er sei sehr erleichtert und würde sich gerne im Nachgang mit dem Apotheker austauschen. Sein Verteidiger befand, das Urteil zeige, dass der Rechtsstaat funktioniere. Staatswirtschaft und Nebenklage wollen nun prüfen, ob sie Rechtsmittel einlegen.
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