Erste zukunftsfähige Kläranlage Hessens entsteht in Mörfelden-Walldorf

In der Kläranlage in Mörfelden-Walldorf sollen im Sommer 2023 erstmals in Hessen Spurenstoffe aus dem Abwasser herausgefiltert werden.
Mörfelden-Walldorf wird die erste hessische Kommune sein, in der eine Kläranlage mit einer vierten Reinigungsstufe zum Schutz der Umwelt und des Trinkwassers in Betrieb geht. Das behauptet Erster Stadtrat Karsten Groß (CDU). Die Reinigungsstufe, die Phosphat, Arzneimittelrückstände, Hormone und Mikroplastik - sogenannte Spurenstoffe, also Mikroverunreinigungen - aus dem Abwasser herausfiltern kann, soll im Sommer 2023 fertig werden.
Das ist aber nicht alles: Die Doppelstadt saniert und modernisiert ihre Kläranlage für insgesamt 56 Millionen Euro sukzessive bis zum Jahr 2026. Eine eingerichtete Taskforce identifiziert Einsparungen und will dafür sorgen, dass die Gesamtkosten trotz Preissteigerung die 50 Millionen-Euro-Grenze nicht überschreiten.
Mörfelden: Kläranlage schon seit drei Jahrzehnten in Betrieb
Mehr als 30 Jahre ist die Kläranlage in Mörfelden schon in Betrieb, ohne dass größere Investitionen getätigt wurden. „Es gab keine regelmäßige Sanierungen. Das ist ein Versäumnis der vergangenen Jahre“, sagt Groß. Jetzt wird die Kläranlage erneuert und dabei auch gleich mit der vierten Reinigungsstufe ausgebaut. Das ist zwar keine gesetzliche Forderung, aber umso wichtiger, weil das Hessische Ried – das Wasserschutzgebiet unterhalb der Kläranlage – das Einzugsgebiet für das Trinkwasser des Rhein-Main-Gebiets ist.
2016 gingen die Stadtwerke als Bauherr von 30 Millionen Euro Gesamtkosten für die Kläranlagenmodernisierung aus, dann wurden immense Kostensteigerungen bekannt und führten zu politischen Debatten. Anfang Oktober 2020 stoppte Bürgermeister Thomas Winkler (Grüne) vorübergehend die Ausschreibungen, die vom Bauausschuss beschlossen worden waren. Er forderte ein Moratorium, um nach Einsparpotenzialen zu suchen. Das erledigt nun die Taskforce, die sich seit August 2021 regelmäßig trifft.
Mörfelden-Walldorf: Stadt spart Kosten bei Kläranlage ein
Drei Millionen Euro Einsparpotenzial gegenüber der ursprünglichen Planung hat das neunköpfige Gremium, das sich aus Kommunalpolitiker:innen, Fachleuten aus der Verwaltung sowie Ingenieuren zusammensetzt, bereits identifiziert. Die Betriebskommission der Stadtwerke und der Magistrat winkten davon knapp 2,3 Millionen Euro an Einsparungen durch. Nach intensiver Risikobewertung wurden bisher 834 000 Euro im Bau und durch entfallene Komponenten eingespart.

So verzichtet man beispielsweise auf Flutlichtmasten, auf einen Feuerwehrübungsschacht, ein Mosaikschaltbild und die Sonderfarbe für die Schaltschränke. Die Dachkonstruktion des künftigen Technikgebäudes der vierten Reinigungsstufe wurde verändert und kostet statt 108 000 jetzt 43 000 Euro.
Kläranlage Mörfelden: Mehrkosten von mehr als einer halben Million Euro
Teuer genug wird es aber trotzdem. „Es gibt schon jetzt unvermeidliche Mehrkosten von 520 000 Euro“, sagt der Erste Stadtrat und nennt Preissteigerungen, Massenmehrungen im Baufortschritt – etwa mehr Rohrleitungs-Meter – sowie Abweichungen zum Bauplan als Ursache. Er hofft, dass sich die prognostizierten Nachträge „schlimmstenfalls auf drei Millionen Euro summieren“.
Noch im ersten Halbjahr dieses Jahres soll die Schlammentwässerung als erste neue Anlage in Betrieb gehen, im Sommer 2023 dann die vierte Reinigungsstufe. Groß hofft, dass das Land seinen Zuschuss von 4,6 Millionen Euro – das sind 70 Prozent der förderfähigen Kosten – dafür noch erhöht. Der Förderantrag wurde nämlich schon Ende 2018 gestellt, und seitdem sind die Kosten gestiegen. „Wir werden nochmals auf das Land zugehen“, sagt er.
Modernisierung der Kläranlage Mörfelden treibt Abwassergebühren in die Höhe
So viel Innovation hat ihren Preis. Zum 1. Januar dieses Jahres wurden die Abwassergebühren für die Zeit bis Ende 2024 bereits von 2,78 Euro auf 3,01 Euro pro Kubikmeter angehoben. 2025 wird dann der Löwenanteil der Kosten für die Kläranlagenmodernisierung in die Gebührenkalkulation bis zum Jahr 2028 einfließen.
Welche Gebühren dann anfallen, mag Mörfelden-Walldorfs Erster Stadtrat Groß noch nicht voraussagen. Nur so viel: „Der Sprung wird größer sein als in den drei Jahren vorher.“