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Das Flugzeugwrack im Acker

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Initiator Uwe Benkel zeigt die Sauerstoffflasche des Piloten.
Initiator Uwe Benkel zeigt die Sauerstoffflasche des Piloten. © dpa

Fast 70 Jahre lag das Wrack eines US-amerikanischen Jagdflugzeugs in einem Acker bei Crumstadt im Kreis Groß-Gerau. Helfer der Arbeitsgruppe Vermisstenforschung bergen nun Teile des Fliegers. Ein Hobby-Archäologe hatte das Wrack per Zufall entdeckt.

Fast 70 Jahre lag das Wrack eines US-amerikanischen Jagdflugzeugs in einem Acker bei Crumstadt im Kreis Groß-Gerau. Helfer der Arbeitsgruppe Vermisstenforschung bergen nun Teile des Fliegers. Ein Hobby-Archäologe hatte das Wrack per Zufall entdeckt.

Rund 30 Ehrenamtliche aus ganz Deutschland warten auf ihren Einsatz bei Crumstadt in Südhessen. Sie wollen herausfinden, was mit der Maschine vom Typ P-47 Thunderbolt passiert ist, die im Zweiten Weltkrieg, vermutlich 1945, abstürzte und sich in einem Acker in den Boden gerammt hat.

Leiter der Grabung ist Uwe Benkel. Der 53-Jährige aus Heltersberg in Rheinland-Pfalz hat 1989 die bundesweit tätige „Arbeitsgruppe Vermisstenforschung“ gegründet. Ziel ist es, die Schicksale von Vermissten des Zweiten Weltkriegs zu klären und noch lebende Angehörige zu informieren. Kontaktiert wurde Benkel von Alexander Schneider (40). Der Hobby-Archäologe aus dem nahen Stockstadt hatte das Flugzeug bereits 2009 entdeckt, dann aber wieder vergessen – bis er von Benkel und seiner Vermisstensuche gehört hat. „Das ist eine tolle Sache. Ich möchte wissen, was hier passiert ist.“

Auf Benkels Zeichen hin gräbt sich der Bagger in den Boden. Mit jedem Stück abgetragener Erde steigt die Spannung. Dann kommen die ersten Teile zum Vorschein. Sofort nehmen Helfer Schaufeln zur Hand und springen in das Loch. Die übrigen beginnen, mit Handschuhen und Harken die Erde zu durchkämmen.

Angehörige können mit der Vergangenheit abschließen

Schnell finden sie ein Stück des Motors mit einem Teil der Seriennummer. Benkel hat große Hoffnung, weitere Indizien zu finden. Mehr als 120 Flugzeugwracks hat er in den vergangenen 25 Jahren zwischen Brandenburg und Bayern geborgen, 40 Mal menschliche Überreste gefunden. Einmal, in Thüringen, handelte es sich bei dem Toten um einen deutschen Soldaten. Als Benkel die Hinterbliebenen informierte, erntete er Dankbarkeit. „Das ist die häufigste Reaktion“, sagt er. Schließlich könnten die Verwandten mit der Vergangenheit abschließen, wenn sie endlich wissen, was mit ihrem Vater, Bruder oder Ehemann passiert ist. Bis dahin sei die Geschichte wie ein Buch, dem die letzte Seite fehlt.

In Crumstadt kommt außer Munition und Kleinteilen ein verbogenes, rostiges Rotorblatt des Propellers zum Vorschein, gefolgt vom Turbolader. Ein größeres Stück Tragfläche ist besonders gut erhalten und zeigt Reste des Hoheitszeichens der US Air Force.

Der Kampfmittelräumdienst reist aus Kassel an, sichtet die Patronen und nimmt sie mit: „365 Stück Bordwaffenmunition, Kaliber 50“, sagt ein Mitarbeiter.

Als Teile der Plexiglas-Haube des Cockpits auftauchen, entscheidet Benkel, die gut 100 Kubikmeter Erde noch einmal akribisch zu durchsuchen. Plötzlich taucht genau das Stück des Motors auf, das zu dem Fund am Morgen passt. Damit ist die Seriennummer vollständig, lässt sich der Pilot eindeutig identifizieren. Recherche und Befragung von Zeitzeugen sollen helfen, die Geschichte zu rekonstruieren. Benkel: „Jetzt können wir die letzte Seite des Buches schreiben.“

Die Stücke, die noch übrig sind, sollen aufbereitet und ausgestellt werden. Die Heimatmuseen von Gernsheim und Biebesheim hätten bereits Interesse signalisiert, sagt Schneider. (dpa)

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