Kampf dem Wackeldackel

Für die Sozialdemokraten ist es nur noch eine Frage der Zeit - oder des Preises -, bis die FDP umfällt. "Die brauchen doch eine Regierungsoption", sagt eine SPD-Spitzenkraft, "die können gar nicht anders."
Für die Sozialdemokraten ist es nur noch eine Frage der Zeit - oder des Preises -, bis die FDP umfällt. "Die brauchen doch eine Regierungsoption", sagt eine SPD-Spitzenkraft, "die können gar nicht anders." Mit süffisantem Lächeln berichten hohe SPDler von ihren Erfahrungen mit den designierten Mehrheitsbeschaffern. "Die Liste", sagt einer, "müsse nur stimmen", dann werde die FDP für ein Bündnis mit Roten und Grünen bereit stehen. Sprich, es müssten nur genügend Posten und Pöstchen herausspringen.
Die SPD könnte damit einem weitverbreiteten Vorurteil aufsitzen, das wohl niemandem mehr ärgert als Parteichef Guido Westerwelle: das von der "Umfallerpartei" FDP. Der Schmerz über diesen Titel reicht tief. Seit Jahren arbeitet der Vorsitzende hart daran, den Makel abzustreifen. Viele seiner Sätze verbinden die Begriffe "FDP" und "Garant der Mitte". Die FDP wackelt nicht (mehr), soll das heißen. Bei jeder Gelegenheit sagt Westerwelle das. Und meint es.
Besonders schmerzt es die Liberalen, dass sie immer noch als Wackeldackel gelten, obwohl sie konsequent - und für viele überraschend - nach der Bundestagswahl 2005 auf eine Regierungsbeteiligung verzichteten. Denn mit Prinzipientreue will Westerwelle der Partei den Wankelmut austreiben.
Nach dem hessischen Patt bemüht der Parteichef eine "staatsrechtliche Verpflichtung", Wahlversprechen einzulösen. Schließlich habe man vor der Wahl ein Dreierbündnis mit SPD und Grünen ausgeschlossen. An dieses Versprechen sei man nun gebunden.
Da mag es egal sein, dass selbst FDP-Wählern an einer stabilen Landesregierung in Wiesbaden, womöglich unter Beteiligung ihrer eigenen Partei, gelegen sein kann. Es mag egal sein, dass so eine rot-rot-grüne Mehrheit erst möglich wird, die man doch auf jeden Fall verhindern wollte: Nein, die FDP spricht lieber von "Wort halten". Natürlich hilft es der Prinzipientreue, dass eine Ampel nicht ins Konzept des Strategen Westerwelle passt. Seit Gründung der Linken stilisiert er sich zum Retter vor dem Kommunismus. "Freiheit oder Sozialismus" lautet der nicht ironisch gemeinte Kampfbegriff. Diese Strategie will sich Westerwelle nicht durch eine Ampel in Hessen zerstören, deren Aussichten auf erfolgreiche Tagespolitik begrenzt scheinen, wenn man an Flughafenausbau, Kernkraft oder Bildungspolitik denkt.
Es trifft sich gut, dass die hessischen Parteifreunde ebenfalls keinerlei Lust verspüren, sich mit ihrem Licht in eine Ampel einzureihen. Die FDP in Wiesbaden gilt nicht gerade als sozialliberale Speerspitze der Partei. Mit dem sperrigen Jörg-Uwe Hahn an der Spitze fällt es schwer, diese Sektion überhaupt mit dem Adjektiv "liberal" zu versehen.
Die Hessen-FDP ist ein eigensinniger Verband, wie er zuletzt im Jahr 2000 bewiesen hat. Gegen den Druck der Bundespartei hielten Ruth Wagner und Hahn damals dem Ministerpräsidenten Roland Koch die Stange, als der im CDU-Parteispendenskandal stark ins Zwielicht geraten war.
"Es gibt schon ein bisschen Druck auf der Bundesebene für eine Ampel", sagt ein FDP-Stratege, der sich auskennt, "aber er wird nicht reichen." Ein anderer ist sich gewiss: "Die Hessen stehen zu ihrem Wort. Ganz sicher."