Kampf gegen den Lichtsmog

Naturschutzgesetz will Helligkeit bei Nacht reduzieren / Kurstadt ist Vorreiter
BAD HOMBURG - Zerstörte Lebensräume wiederherstellen, den Artenreichtum zurückholen, die Klimaanpassung berücksichtigen: Ziel der Novelle des Naturschutzgesetzes, deren Entwurf den Abgeordneten in Wiesbaden seit Kurzem vorliegt, ist nicht weniger als eine „Trendumkehr im hessischen Naturschutz“, wie Landesumweltministerin Priska Hinz (Grüne) es formuliert. Dem Gesetz steht seine größte Reform bevor, seit es 1980 in Kraft trat. Inhaltlich soll das dann so aussehen: Jeder einzelne Bürger, das Land, aber auch die Kommunen - wie Bad Homburg - werden in die Pflicht genommen, Natur und Landschaft als Teil der natürlichen Lebensgrundlagen des Menschen zu schützen und zu erhalten.
Lebensräume sollen besser geschützt werden
Zentral ist die Stärkung des Schutzes von Lebensräumen und wildlebenden Tier- und Pflanzenarten, geregelt in mehr als 20 Paragrafen. Weil der Artenschwund auf Wiesen, Feldern und Äckern besonders drastisch sei, soll beispielsweise ein sogenannter Biotopverbund geschaffen werden: Das Netz räumlich oder funktional verbundener Biotope soll 15 Prozent des Offenlandes in Hessen umfassen. Auch will Wiesbaden großflächige, vollständig transparente oder spiegelnde Glasfassaden verbieten; jährlich kämen durch den Anflug an diese Fassaden Millionen Vögel zu Tode.
Der Insektenschutz stellt einen Schwerpunkt im neuen Gesetz dar: Die Tierchen, die als Blütenbestäuber, bei der Zersetzung von pflanzlichem und tierischem Material sowie als Nahrung für andere Tiere eine Schlüsselrolle im Ökosystem einnähmen, seien „systemrelevant“. Doch in den vergangenen Jahrzehnten haben sowohl die Vielfalt der Insekten als auch deren Häufigkeit abgenommen, was vor allem auf die Zerstörung und Veränderung ihrer Lebensräume zurückgeführt wird. Auf den Roten Listen der gefährdeten Tier-, Pflanzen- und Pilzarten in Deutschland finden sich inzwischen mehr als 3000 Insekten.
Deshalb haben es die Paragrafen 3, 4 sowie 35 in sich: Weil viele Arten vollständige Dunkelheit benötigten, um zu überleben, werden die gesetzlichen Vorgaben für Außenbeleuchtungen verschärft. So soll vorgeschrieben werden, jede Form der nicht erforderlichen Beleuchtung durch künstliches Licht zu vermeiden. Außer der Lichtverschmutzung will das Hessische Naturschutzgesetz auch den tristen „Gärten des Grauens“ an den Kragen: Grundstücksfreiflächen im bebauten Innenbereich seien insektenfreundlich zu gestalten - „Schotterungen zur Gestaltung von privaten Gärten sind grundsätzlich keine zulässige Verwendung“.
Schottergärten, wie sie sich auch in der Kurstadt finden: Allerdings mache man bei der Aufstellung von Bebauungsplänen bereits Vorgaben zur Begrünung, teilt die Pressestelle im Rathaus auf Nachfrage mit. Darüber hinaus diene der Bad Homburger Balkon- und Vorgartenbegrünungswettbewerb der Werbung und Motivation. Auch im Kampf gegen zu viel Licht ergäben sich durch die Novelle „keine größeren Veränderungen, sondern nur detailliertere Vorgaben“ für Bad Homburg: „Generell ist Lichtverschmutzung hier schon seit Längerem ein Thema.“
In der Tat hatte die Stadtverordnetenversammlung bereits im Juni 2021 einstimmig beschlossen, dass die Stadt verbindliche „Richtlinien zum nachhaltigen Umgang mit funktionalem und gestalterischem Licht“ ausarbeitet und sich dabei an dem Konzept der „Sternenstadt“ Fulda orientiert. Auch wenn bereits Einzelmaßnahmen etabliert wurden, monierten die Grünen im Juli vergangenen Jahres, dass die Richtlinien noch nicht vorlägen. Deren Ziel soll eine Reduzierung der störenden Einflüsse fehlender Dunkelheit auf Flora, Fauna sowie die biologischen Tag- und Nachtzyklen vieler Tiere sein. Auch die zunehmende Schlaflosigkeit beim Menschen und starke Beeinträchtigungen astronomischer Beobachtungen sollten Berücksichtung finden.
Kolbe führt den Status quo aus: Sogenannte Skybeamer seien schon lang verboten, außerdem beteilige sich die Stadt an der Earth Hour und informiere zum Thema auf Veranstaltungen und Flyern. „Dies soll intensiviert werden.“ Für Beleuchtungsplanungen im Kurpark seien Vorgaben festgelegt worden: Die Lichtspektren müssen insektenfreundlich sein, eine Beleuchtung in Richtung Himmel ist verboten.
In Bebauungsplänen würden Leuchtdioden (LED) für die Außenbeleuchtung vorgegeben, entsprechend würden auch die städtischen Gebäude weiter umgerüstet. „Ebenso wurde die Straßenbeleuchtung bereits nahezu komplett auf LED umgestellt und dabei auch das Lichtspektrum entsprechend gewählt.“ Mit der Umstellung habe die Kurstadt schon 2013 - als eine der ersten Kommunen im Hochtaunus - begonnen.