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KOMMENTAR
Impfpraxis in Hessen führt zu Ungerechtigkeiten
- vonJutta Rippegatherschließen
Eine hessenweit gültige Regelung ist überfällig
Hessen impft bislang streng nach der Impfverordnung des Bundes. Darin genießen die niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte eine hohe Priorität, aber nicht die höchste. Demnach kämen sie schätzungsweise erst im April an die Reihe. Bei einem Abstand von mindestens drei Wochen zwischen erster und zweiter Impfung käme der volle Schutz erst im Mai zur Wirkung. Also ein weiteres Vierteljahr arbeiten und Gefahr laufen, sich zu infizieren.
Die mag nicht jeder eingehen. Etwa der Hautarzt nicht, der aufgrund einer Erkrankung zur Risikogruppe gehört. Vorsorgeuntersuchungen bietet er derzeit nicht an: „Rufen Sie später noch mal an, wenn Sie geimpft sind.“ Oder die Hausärztin, die ihre Patient:innen fast komplett nur noch online behandelt. Auch sie fürchtet um ihr Leben.
Das sind Einzelfälle. Das Gros der Niedergelassenen kommt seiner Berufung nach und behandelt ausnahmslos alle, die Hilfe suchen. Selbst mit Corona-Symptomen. Sie nehmen die Abstriche für die Testung, untersuchen die Menschen. Inzwischen steht ihnen ausreichend Schutzmaterial wie Handschuhe oder Masken zu Verfügung. Doch 100-prozentig sicher ist das bekanntlich nicht.
Seit Wochen ist dieses Problem der Landesregierung bekannt. Seit Wochen ringen die Kassenärztliche Vereinigung, die Landesärztekammer und Berufsverbände mit Wiesbaden um eine Lösung. Speziell Innenminister Peter Beuth (CDU) steht bei ihnen als Hardliner in der Kritik. Als Minister für den Katastrophenschutz hat er das Thema Impfen an sich gezogen – und regiert dort nach seiner Lesart des Gesetzes. Dass andere Bundesländer die Vorschriften aus Berlin anders auslegen, schert ihn nicht.
Noch ungerechter wird es, wenn im Extremfall in jedem der insgesamt 28 hessischen Impfzentren andere Entscheidung fallen. In Fulda genießt der Hausarzt höchste Priorität, seine Kollegin im Odenwaldkreis muss warten. Was für ein Chaos.
Höchste Zeit, dieses Kuddelmuddel zu beenden. Eine einheitliche Regelung für ganz Hessen ist überfällig. Die würde alle entspannen. An weiteren Baustellen mangelt es nicht. Als nächstes sollten die Impfzentren verpflichtet werden, eine Liste mit den Namen jener zu führen, die für den Fall überzähligen Impfstoffs anzurufen sind. Das erzeugt Transparenz und Vertrauen, dass das rare Gut fair verteilt wird.