1. Startseite
  2. Rhein-Main
  3. Hochtaunus
  4. Oberursel

Mehr als 4000 Euro Schulden pro Kopf

Erstellt: Aktualisiert:

Kommentare

Eines der Plakate, die den Unmut über die Grundsteuererhöhung verdeutlichen. cg
Eines der Plakate, die den Unmut über die Grundsteuererhöhung verdeutlichen. cg © cg

Aufgebrachte Bürgerinnen und Bürger protestieren gegen Erhöhung der Grundsteuer

Oberursel - Mit selbst gemalten Plakaten stehen rund 70 verärgerte Bürger vor dem Oberurseler Rathaus. „Grundsteuer B = Raubzug gegen Bürger“ steht auf einem der Pappschilder. Gleich beginnt drinnen die Sitzung des Haupt-, Finanz- und Digitalisierungsausschusses (HFDA). Marc Hehner, der immer wieder an Infoständen Unterschriften gegen die Grundsteuer-Erhöhung sammelt, hatte zum stillen Protest aufgerufen. Wie berichtet hatte die Stadtverordnetenversammlung die Grundsteuer im Haushalt 2023 auf 947 Punkte erhöht. Trotzdem ist der Etat defizitär.

Der größte Teil der aufgebrachten Bürger kam dann auch mit in den Rathaussaal. In der Bürgerfragestunde, die Teil der öffentlichen HFDA-Sitzung war, machten sie ihrem Ärger Luft. „Ich bin glücklicher Hausbesitzer und stinksauer“, sagte einer der Demonstranten. Er habe eine Mieterin mit zwei Kindern und wolle ihr die erhöhte Grundsteuer nicht in Rechnung stellen, denn er habe ein soziales Gewissen. Und: „Warum fängt die Stadt nicht an zu sparen? Wie stellen Sie sich sozialverträgliche Mieten vor?“

Das Stadtparlament habe über sehr viele Sparvorschläge diskutiert und diese auch beschlossen. Deshalb sei die Grundsteuer auch nicht, wie zunächst geplant, auf 980, sondern nur auf 947 Punkte erhöht worden, antwortete Zweiter Stadtrat und Kämmerer Jens Uhlig (CDU). Weitere Einsparungen seien kaum möglich. Die Kinderbetreuung sei der dominante Haushaltsposten und ein Kampf gegen diese Kosten sei ein (aussichtsloser) „Kampf gegen Windmühlen“.

„Das Problem ist nicht zu lösen“

Eine für eine Stadt der Größe Oberursels ungewöhnliche und massive finanzielle Belastung sei die U-Bahn-Linie 3. Dafür müssten in diesem Jahr 1,6 Millionen Euro bereitgestellt werden. Auch sei, bedingt durch die Corona-Pandemie, die Einnahmesituation der Stadt bei der Gewerbesteuer schlechter geworden. Das eigentliche Problem, so Uhlig weiter, sei die Unterfinanzierung der hessischen Gemeinden. „In Hessen sind die Grundsteuern am höchsten. Ohne mehr Geld im kommunalen Finanzausgleich ist das Problem nicht zu lösen“, sagte er. Oberursel müsse aber auch noch Hausaufgaben machen.

„Warum sollten Sie 1,6 Millionen Euro für die U 3 ausgeben? Lassen Sie das, verweigern Sie das!“, echauffierte sich ein anderer Bürger und setzte wütend hinzu: „Aber Sie finden ja immer einen, der Sie daran hindert, etwas Vernünftiges zu tun, mal ist es das Land, mal der Kreis.“

Hehner rief in Erinnerung, dass dem Haushaltsplan für 2023 zufolge auf jeden Oberurseler Bürger Schulden in Höhe von über 4000 Euro kämen. Und er wollte wissen: „Gibt es einen Plan, wie diese Schulden zurückgezahlt werden sollen?“ Der Haushalt müsse nochmals von allen Parteien ohne Rücksicht auf ideologische oder parteipolitische Überlegungen durchgepflügt werden. Auch frage er sich, warum es zwei Stadthallen gebe und zählte da die Burgwiesenhalle mit. Uhlig wies darauf hin, dass die Stadt bereits in der vergangenen Wahlperiode ihren Schuldenstand reduziert habe. Die Verwaltung sei bereits relativ schlank, aber vermutlich gebe es Optimierungspotenzial. Beschlossen sei schon, dass von nun an jedes Jahr eine Stelle eingespart werde. Einen riesigen Nachholbedarf sehe er bei der Digitalisierung. Dafür brauche die Stadt jedoch mehr Personal.

Auch Götz Rinn, stellvertretender FDP-Ortsverbandsvorsitzender, war unter den verärgerten Bürgern und knöpfte sich seinen früheren Parteikollegen, den Ausschussvorsitzenden Michael Planer (Unabhängige Liste Oberursel, ULO) vor. Im Streit um Haushalt und Grundsteuererhöhung hatten Planer sowie die Stadtverordneten Thomas Fiehler und Florian Schauer im Dezember die FDP verlassen und ihre eigene Wählergemeinschaft, die ULO, gegründet.

Rinn warf nun Planer vor, dieser habe bei den Haushaltsberatungen gesagt, für eine 80-Quadratmeter-Wohnung bedeute die Grundsteuer-Erhöhung nur 22 Euro mehr im Jahr. Tatsächlich seien es aber über 100 Euro mehr. Uhlig erklärte ihm, dass es bei den Grundsteuerhebesätzen nicht nur um Quadratmeterzahlen gehe. Bei älteren Gebäuden könne die Grundsteuer sehr viel günstiger sein als bei neueren Häusern.

Und der Kämmerer versicherte den aufgebrachten Bürgern: „Ich tue mein Bestes, um die Dinge anzugehen. Aber: „Wir müssen dicke Bretter bohren, ein Thema nach dem anderen abarbeiten und geschickt Gewerbe ansiedeln. Das ist ein langer und steiniger Weg.“

Auch interessant

Kommentare