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Notruf per Handzeichen: Kampf gegen häusliche Gewalt mit einer Geste

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Das „Signal for Help“ soll bekannter werden. Allerdings braucht es noch einige Aufklärung über die spezielle Geste.

Oberursel – Handfläche hochhalten, den Daumen nach innen knicken und schließlich mit den anderen vier Fingern umfassen: Das „Signal for Help“, also das Signal für Hilfe, ist eine Ein-Hand-Geste bei häuslicher Gewalt, die die Canadian Women’s Foundation im Corona-Lockdown 2020 entwickelt hat.

Mit dem Handzeichen, das inzwischen weltweit bekannt wurde, können Personen anderen Menschen bei Sichtkontakt – auch über den Bildschirm – signalisieren, dass sie sich bedroht fühlen und Hilfe benötigen. „Häusliche Gewalt ist immer noch ein Tabuthema. Es ist wichtig, darüber zu sprechen, und genauso wichtig ist, dass alle dieses Zeichen kennen“, sagt die Bürgermeisterin von Oberursel, Antje Runge (SPD).

Häusliche Gewalt in Ehe, Partnerschaft und Ex-Partnerschaft gebe es in allen sozialen Schichten, Altersgruppen, Kulturen und Lebensformen, weiß Runge. „Häusliche Gewalt betrifft jeden.“ Und häusliche Gewalt, die im Privaten, aber auch auf der Straße, am Arbeitsplatz oder online ausgeübt wird, endet niemals von allein; umso wichtiger ist die Not-Geste, zu der es seit November einen städtischen Flyer gibt, auf dem auch Anlaufstellen genannt sind.

Vereinsringchef Ludwig Reuscher (v. l.), Polizistin Nicole Meier, Bürgermeisterin Antje Runge, Händlerin Katharina Rhode und Gleichstellungsbeauftragte Sabine Weil werben für das Handzeichen. mrm
Vereinsringchef Ludwig Reuscher (v. l.), Polizistin Nicole Meier, Bürgermeisterin Antje Runge, Händlerin Katharina Rhode und Gleichstellungsbeauftragte Sabine Weil werben für das Handzeichen. mrm © mrm

Oberursel gegen häusliche Gewalt: Aktion für Hilfe-Signal

Damit der Flyer – und das Thema – möglichst viele Menschen erreicht, haben sich Runge, die städtische Gleichstellungsbeauftragte Sabine Weil, Polizeibeamtin Nicole Meier, Vereinsringvorsitzender Ludwig Reuscher und Händlerin Katharina Rhode vom Selbstständigenforum Fokus O. am vergangenen Samstag zu einer besonderen Aktion getroffen: In der gut besuchten Innenstadt von Oberursel verteilten sie den Flyer an Passanten, dazu gab’s Tulpen und Infos zu den Hintergründen.

„Polizei, Stadt, das Gewerbe, der Karneval, die Mischung ist gut! Und viele kennen das Zeichen noch nicht. Aber fast alle, die wir darauf ansprechen, gehen darauf ein, der Zuspruch ist sehr positiv“, freut sich Rathauschefin Runge am Mittag. „Eine Frau fragte, ob häusliche Gewalt wirklich alle betrifft. Da hat sich dann ein Gespräch entwickelt, was alles häusliche Gewalt ist, welche Formen es gibt“, berichtet Runge. „Darüber immer wieder zu sprechen, ist wichtig. Das Thema betrifft auch Männer – ob als Opfer oder Täter.“

Oberursel – Bürgermeisterin wirbt für Hilfe-Signal

Auch die Gleichstellungsbeauftragte von Oberursel ist zufrieden: „Das Interesse ist groß. Schön ist, dass viele Kinder das Zeichen schon kennen, weil sie in der Schule darüber gesprochen haben“, hat Sabine Weil beobachtet. Jeder könne in eine solche Notsituation geraten, so Weil. „Die Geste können Frauen auch nutzen, wenn sie im öffentlichen Raum durch eine fremde Person verfolgt oder belästigt werden.“

Wie man sich als Außenstehender in so einer Situation verhalte, sei sie oft gefragt worden. „Erst mal den Notruf absetzen. Dann kann man die Frau in ein unverfängliches Gespräch verwickeln, sich beispielsweise den Weg erklären lassen, bis die Polizei da ist.“ Wichtig sei, sich so neutral und unauffällig wie möglich einzubringen. „Sonst kann das auch nach hinten losgehen.“

Aktion in Oberursel: Das Signal bekannt machen

Dass das Signal für Hilfe nun auch hierzulande bekannt werde, sei „supertoll“, sagt Fokus-O.-Vorstandsmitglied Rhode. „Für mich war wichtig, die Zeit vor Aschermittwoch zu nutzen. Jetzt gehen viele raus, die Vereine feiern, das ist eine gute Art, um Aufmerksamkeit zu schaffen. Je mehr die Leute aufeinander achten, desto weniger passiert so etwas.“

Die Aktion am Samstag war der Auftakt: Gewerbeverein und Vereinsring haben Aufkleber des Flyers produzieren lassen, die nun kostenfrei Händlern, Gastronomen und Vereinen zur Verfügung gestellt werden und dann gut sichtbar in Schaufenster und Vereinsheime geklebt werden können. „So sehen die Leute auch, wenn sie in Not sind, dass in dem jeweiligen Geschäft das Zeichen bekannt ist“, erklärt Rhode. „Nicht jedem ist bewusst, dass häusliche Gewalt eine Straftat ist. Auch da wollen wir gemeinsam sensibilisieren – jedes vierte Kind und jede dritte Frau leiden darunter.“

Oberursel: Aktion zur Aufklärung über häusliche Gewalt

Auch in Oberursel, wie Polizeibeamtin Meier bestätigt: „Das sind Delikte, die hier vorkommen. Sie sind tatsächlich unabhängig von der Nationalität und der Gesellschaftsschicht.“ Die Präventionsbeauftragte der Polizeidirektion Hochtaunus rät, sich nie selbst in Gefahr zu bringen und die Polizei „lieber einmal zu viel als einmal zu wenig“ zu rufen.

„Wenn Sie in der Nachbarwohnung Geschrei hören, ist die Polizei zuständig. Wir sind dafür da. Wenn sich dann herausstellt, dass nur der Fernseher zu laut war, ist das überhaupt nicht schlimm.“ Wenn man auf der Straße beobachte, wie eine Frau verfolgt wird, sei wichtig, den Beamten per Notruf eine Personenbeschreibung zu geben. (mrm)

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