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Grüner Strom für alle ein Kraftakt

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Eine Photovoltaikanlage auf einem Dach im Tabaksmühlenweg. reichwein
Eine Photovoltaikanlage auf einem Dach im Tabaksmühlenweg. reichwein © Reichwein, Jochen

Klimabeirat bildet in zweiter Zusammenkunft Arbeitsgruppen und sammelt Ideen

Oberursel - Daheim Energie sparen, mehr Rad fahren, ein E-Auto anschaffen: Wie sich Treibhausgase reduzieren lassen, dürfte auch in Oberursel bekannt sein. Aber was müsste konkret passieren, um die Stadt etwa bis 2045 klimaneutral zu machen?

Peter Cornel, Vorsitzender des neuen Oberurseler Klimabeirats, lud das Gremium zu einem Gedankenexperiment ein: Stand 2016, so Cornel, gehe die Energie in Oberursel zu rund 60 Prozent in Wärme, 80 Prozent davon als Erdgas, wobei sich Haushalte sowie Industrie und Gewerbe die Menge in etwa teilten. Etwa 20 Prozent seien Strom, die übrigen 20 Prozent speisten die Mobilität, seien also Diesel und Benzin. „Wenn wir nun die Klimaneutralität erreichen wollen, müssen wir Diesel und Benzin streichen und ersetzen. Die Mobilität, aber auch die Wärmeversorgung werden bis 2045 auf Strom umgestellt, grünen Strom, der klimaneutral erzeugt wird.“ Dafür müsse man nun freilich wissen, wie viel Strom benötigt werde: „Wenn wir annehmen, dass wir etwa 30 Prozent durch ein verändertes Mobilitätsverhalten einsparen und durch Maßnahmen wie etwa Dämmung auch ein Drittel bei der Wärme sparen - für den Rest brauchen wir dann Strom, also Wärmepumpen -, benötigen wir bis 2045 für Mobilität, Strom und Wärme etwas mehr als 400 000 Megawattstunden pro Jahr. Zurzeit sind es 200 000“, rechnete Cornel vor. Der grüne Strom stamme - beispielsweise je zur Hälfe - aus Sonnen- und Windenergie. Bei der Photovoltaik (PV), sagte Cornel, wäre eine regionale Eigenerzeugung möglich, die Windenergie müsste fremdbezogen werden. Die Photovoltaik-Anlagen indes müssten wie Pilze aus dem Boden schießen: „Nötig wäre ein Zubau von 10 000 Kilowatt - jedes Jahr bis 2045. Das bedeutet, jeden Parkplatz zu nutzen, jeden Autobahnrandstreifen. Die Hälfte der befestigten Fläche in Oberursel müsste mit Paneelen ausgestattet werden.“

Ausbau müsste jährlich versiebenfacht werden

Unterm Strich müsste sich der jährliche PV-Ausbau in Oberursel versiebenfachen, erklärte Cornel, der dem Klimabeirat als Vertreter der Lokalen Oberurseler Klimainitiative (LOK) angehört. „Und wenn man das alles bis 2035 will, also zehn Jahre früher, müsste sich die Geschwindigkeit noch einmal verdoppeln.“

Im vergangenen Jahr sind l1300 Kilowatt Leistung installiert worden Cornel: „Diese Transformation ist eine gewaltige Aufgabe.“ Es müssten die Stromnetze ausgebaut werden, die Frage sei aber auch, wie es mit dem Gasnetz weitergehe: „Wie sieht ein wirtschaftlicher Betrieb bei sukzessiver Reduzierung des Gasverbrauchs aus? Zahlt der letzte Nutzer das ganze Netz dann allein?“ Es gehe im Beirat auch darum, so Cornel, „Hemmnisse zu benennen“. Mitglied Peter Schimanski nannte ein Beispiel: „Man muss Gesetze und Verordnungen mal ändern, wenn einer investieren will. Es geht nicht, dass das Klima stirbt, und gleichzeitig heißt es, PV auf der Garage geht nach dem Baurecht nicht. Oder an der Fassade nicht, weil es nicht schön ist.“

Fest steht: Langweilig wird es den 18 Mitgliedern des Klimabeirats nicht. Beim zweiten Treffen wurden Arbeitsgruppen zu Strom, Wärme, Verkehr, Kommunikation und Klimaanpassung gebildet. In den kommenden Wochen geht es erst mal um eine Bestandsaufnahme.

Erste Ideen wurden trotzdem schon gesammelt: Zur Wärme will man etwa analysieren, wo und wie in Oberursel Gewerbe-Abwärme genutzt werden könnte. Beim Verkehr soll es darum gehen, wie sich ein Rad-Leihsystem, weniger Parksuchverkehr und mehr Sicherheit für alle erreichen lassen; wesentlich sei, bei den Autofahrern für eine Verhaltensänderung zu werben.

Die Arbeitsgruppe Klimaanpassung will sich unter anderem überlegen, wo zusätzliches Grün gepflanzt werden könnte. Auch Fördermittel ausfindig zu machen sei wichtiges Thema. Schließlich gibt es kein städtisches Budget „Klimaneutralität 2045“, wie Rathauschefin Antje Runge (SPD) erklärte. „Aber wir hinterlegen ja Konzepte mit Maßnahmen. Dazu stellen wir Haushaltsmittel ein und beantragen Fördermittel. Am Ende setzen wir das um, was das Stadtparlament beschließt.“

Für die Kommunikation, ist sich die Arbeitsgruppe einig, die Arbeit des Beirats nicht nur öffentlichkeitswirksam zu begleiten, sondern auch das Wissen und die Akzeptanz von Maßnahmen zu erhöhen. Das nächste öffentliche Treffen ist am 28. März.

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