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Freimaurer wirken im Verborgenen

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Von: Olaf Velte

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Eingangstür zur Freimaurerloge "Zur Freiheit" in der Orangeriegasse.
Eingangstür zur Freimaurerloge "Zur Freiheit" in der Orangeriegasse. © Michael Schick

Die Freimaurer-Loge „Zur Freiheit“ wirkt im Verborgenen und kennt kein Nachwuchsproblem. Vierzig Männer aller gesellschaftlichen Couleur bekennen sich zur Bad Homburger Loge.

Vor nicht allzu langer Zeit konnte ein Schreinermeister als Mitglied aufgenommen werden. Ein Ereignis, das innerhalb der Bruderschaft freudig begrüßt wurde. Längst ist es nicht mehr die Regel, Handwerker in den eigenen Reihen zu haben. Es sind aber gerade handwerkliche Traditionslinien, die das Leben der Freimaurer bestimmen. Nach wie vor.

Auch die Bad Homburger Loge „Zur Freiheit“ beruft sich auf eine Herkunft, die geprägt ist von den Dombauhütten früherer Zeitalter und dem selbständigen Bund der Steinmetze. „Für uns sind die 1723 in England verfassten Alten Pflichten bindend“, sagt Heiko Beeck, der seit langem zu der 1972 gegründeten kurstädtischen Loge gehört. Vierzig Männer aller gesellschaftlichen Couleur bekennen sich zur Homburger „Freiheit“. Einer Freiheit, die das Denken ergreifen soll und an der ständig gearbeitet werden muss. Für diese „Einübungsethik“ gibt es einen Ort.

Wer sich zur Loge rechnen darf – die Mitglieder kommen aus dem ganzen Umkreis, stammen aus Frankfurt, Neu-Isenburg oder auch dem Usinger Land –, tritt durch eine schmucklose grüne Tür in der Orangeriegasse, unweit des Schlossaufganges mit seinen Wächterfiguren und sandsteinernen Fratzen. In den Räumen des ehemaligen Marstalls finden die wöchentlichen Treffen statt. Hier hat auch das Ritual als „das wichtigste Merkmal der Freimaurerei“ seinen Platz – abseits jeden Trubels, jeder tagesaktuellen Aufgeregtheit. Vortragsabende, Diskussionsrunden und Tempelarbeit wechseln im steten Rhythmus.

Zu ausgewählten Terminen werden „Suchende“ als Lehrlinge aufgenommen, Gesellen befördert, Meister erhoben – eine Logenpraxis, die mit dem Ehrenkodex vergangener Handwerksbruderschaften verknüpft ist. Die Freimaurer schöpfen aus dem Überlieferten, dem bis heute Geheimnisumwitterten. Auf drei Säulen, so Beeck, ruhe das gesamte Freimaurer-Sein: „Geistige Auseinandersetzung, brüderliche Gemeinschaft und rituelle Praxis.“

Ihre verschwiegene und abgeschottete Vereinsarbeit sorgt noch immer für Verwunderung in der Öffentlichkeit: Eine Fernsehserie hat unlängst Freimaurer, Illuminaten, Bonesmen und andere Geheimbündler umstandslos gleichgesetzt. Dabei sind die Logenbrüder – mittlerweile gibt es in Deutschland auch reine Frauenlogen – weltoffen wie nur wenige Gemeinschaften. Von einer „weltumspannenden Bruderkette“ ist die Rede – die Bad Homburger halten zum Beispiel enge Kontakte zu Gleichgesinnten in Prag, Alkmaar und Istanbul. Zu den Nachbarlogen in Friedberg und Frankfurt sowieso. Auch muslimische Mitglieder finden sich in der Orangeriegasse ein.

Heiko Beeck – vor vierzig Jahren in Holland aufgenommen – lobt die „Vielfalt“ der kurstädtischen Loge. „Eine gute Mischung aus jüngeren und älteren Mitgliedern.“ Oft seien es die gut ausgebildeten Dreißigjährigen, die nach dem Sinn ihres Lebens fragen und sich für die Freimaurerpraxis interessieren würden. Und die bald erkennen können, dass man auch als Meister immer Lehrling, ein Suchender, bleibt. Selbsterkenntnis und –formung als steiniger Weg, den schon Mozart und Goethe mit Hilfe freimaurerischer Riten gegangen sind.

Kein öffentliches Brimborium

Das Ritual besteht aus den Elementen Handlung, Wort und Musik – „eine harmonische Einheit“. Am Ende steht die Formel: „Kehrt niemals der Not und dem Elend den Rücken“. Ein Auftrag, den die Logen im Verborgenen umsetzen.

Spenden kommen karitativen Projekten zugute – ohne öffentliches Brimborium. „Unsere Verschwiegenheit“, so Beeck, „bewahrt das auf Vertrauen beruhende innere Band.“ Für die Mitglieder spiele Religionszugehörigkeit ebenso wenig eine Rolle wie politische Parteinahme. Jedes Thema stehe in der „diskreten Gesellschaft“ aber zur Diskussion.

Das „Bauen am Tempel der Humanität“ nimmt Bezug auf eine Epoche der Landgrafenzeit. Von 1817 bis 1821 bestand in Homburg die Loge „Friedrich zum Nordstern“. Ermöglicht wurde sie durch das Wohlwollen Landgraf Friedrichs V., der den Idealen der Aufklärung zugetan und freimaurerisch gesinnt war. Als friedliebender Mensch förderte er die deutsche Geistesgeschichte, empfing Dichter und Musiker am Homburger Hofe und gewährte dem schwermütigen Hölderlin eine Anstellung in der Bibliothek. Dass jener im Schlosspark das ungeheure Poem „Hälfte des Lebens“ erdachte, ist mehr als eine historische Fußnote.

Nach dem Tod Friedrichs im Jahre 1820 verdämmerte das Logenleben – sein Sohn und Thronfolger hatte ein Herz für Krieg und Kavallerie, aber keines für das Freimaurertum. Seine Hofbeamten, aus deren Mitte sich die meisten Mitglieder rekrutierten, durften fortan keinen geheimen Bünden angehören. Im 19. Jahrhundert soll es noch einen freimaurerischen Café-Zirkel gegeben haben, der jedoch keine Spuren hinterlassen hat. Ende der 1960er Jahre wurde der Wunsch nach einer erneuten Heimstätte in Homburg laut – für viele heimische Freimaurer war die Entfernung nach Frankfurt zu groß.

Die Historie – wie sollte es anders auch sein? – bleibt bindend: Neben der traditionellen Tempel-Bekleidung Schurz und Handschuhe tragen die Homburger Brüder noch den Zylinder und das obligatorische Logenabzeichen. In Erinnerung an den landgräflichen Förderer befindet sich inmitten des fünfzackigen Sterns ein „F“ – was durchaus auch mit „Freiheit“ in Einklang gebracht werden darf.

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