Bad Homburg: Schüler bauen einen Satelliten

Ein Quartett beteiligt sich an Wettbewerb der Weltraumbehörde.
Sie berechnen die Luftreibung für einen Fallschirm und überlegen, ob sie auf die Zentrifugalkraft setzen wollen oder nicht. Ziel solcher Überlegungen ist, eine Antwort zu finden auf die Frage: Wie baut man einen Minisatelliten? Doch die vier Schüler Lennard Voigt, Linus Habetha, Hongye Zhang und Boris Kantor (alle 16 Jahre alt) wuppen das mit links.
„Wir sind ein eingespieltes Team“, sagt Lennard. Und das naturwissenschaftliche Quartett hat bereits den einen oder anderen Erfolg bei Wettbewerben gefeiert. Jetzt nehmen die Schüler des Kaiserin-Friedrich-Gymnasiums (KFG) erstmals am deutschen „CanSat“-Wettbewerb teil, der in den internationalen Wettbewerb der Europäischen Weltraumbehörde (ESA) eingebunden ist. „Als ich den Schülern davon erzählt habe, waren sie sofort hellauf begeistert und haben sich selbst organisiert“, berichtet Physik- und Mathelehrer Sebastian Fischer,
Für die vier Tüftler gehören Wettbewerbe seit Beginn ihrer Schullaufbahn am KFG als spannender Zeitvertreib dazu. Schon jetzt zählen sie zu den zehn besten Gruppen aus Deutschland, die zur Teilnahme an der Mission „CanSat“ ausgewählt wurden.
Die Herausforderung lautet, einen realen Minisatelliten zu bauen, bis März 2022 müssen unterschiedliche Projektaufgaben umgesetzt werden. „Am Ende soll der Satellit tatsächlich in einen Kilometer Höhe geschossen und auf seine Funktionsfähigkeit geprüft werden“, sagt Fischer. Der Pädagoge staunt immer wieder über den Ideenreichtum der Schüler. „Mit Tipps helfen kann ich da nicht mehr, sie sind schon Spezialisten und haben deutlich mehr Hintergrundwissen als ich. Ich bin absolut fasziniert davon, wie sie das machen.“
Experiment
Ein „CanSat “ ist ein Satellit in der Größe einer Getränkedose. Dieser Minisatellit wird mit einer Rakete auf eine Höhe von mehreren Hundert Metern gebracht und sinkt dann an einem Fallschirm zu Boden. Dabei soll der Satellit Messungen vornehmen und andere Aufgaben ausführen, für die er konstruiert worden ist.
Ein „CanSat“ dient als Modell einer echten Weltraummission, da dieselben Phasen durchlaufen werden: Mission planen, Satelliten konstruieren, die einzelnen Komponenten und das Gesamtsystem testen, Mission ausführen, Daten aufbereiten und auswerten, Ergebnisse mitteilen. So bietet der Wettbewerb Schülern die Möglichkeit zu einer ersten praktischen und authentischen Erfahrung mit einem Raumfahrtprojekt.
Der Sieger auf Bundesebene qualifiziert sich für die nachfolgende europäische Runde. ksp
Den Zulassungsprozess haben die Oberstufenschüler erfolgreich absolviert. „Dazu haben wir Temperatur- und Druckmessungen vorgenommen und Höhenkurven erstellt“, erläutert Boris. Am Computer haben sie ein 3-D-Modell ihres Miniatursatelliten angefertigt, die Größe ist mit 11,50 Zentimetern Höhe und einem Durchmesser von 6,60 Zentimetern festgelegt. „Wenn alles glatt läuft, werden wir unseren ’CanSat‘ im großen 3-D-Drucker unserer Schule ausdrucken“, sagt Lennard.
Im Moment stellen sie bei ihren regelmäßigen Treffen Berechnungen an. Knifflig: „Wir müssen noch die Höhe bestimmen, in der wir den Fallschirm abwerfen. Das alles muss präzise sein. Denn es geht erst um Beschleunigung und dann ums Entschleunigen.“ Eine wichtige Inspiration für ihre Arbeit waren Bilder der Rakete A4, der weltweit ersten funktionsfähigen Rakete, die ihnen Sebastian Fischer von seinem Urlaub auf Usedom und dem Besuch des dortigen Historisch-Technischen Museums Peenemünde geschickt hat. „Mit dem Start dieser Rakete waren 1942 die Grundlagen für die Raumfahrt gelegt“, berichtet Boris. „Wir haben uns besonders für die Lenkung dieser Rakete interessiert“, erläutert Linus. „Sie war durch ihre Klappen lenkfähig. Das hat uns inspiriert.“
Die vier Physikcracks sind dabei, sich Lösungen für ihren Minisatelliten zu überlegen. „Das ist schon höhere Mathematik“, meint Fischer. Die Schüler geben zu: „Wir spüren jetzt den Zeitdruck“, sagt Lennard.
Immerhin: Das Design steht schon mal. Zum Beschleunigungstest geht es dann auf das Schulgebäude, das am KFG als „Turm“ bekannt ist. Und eine weitere Herausforderung wartet: „Alles darf nicht mehr als 500 Euro kosten“, berichtet Lennard.
Zur Finanzierung suchen sie einen Sponsor. „Wir kümmern uns außerdem um einheitliche Teamkleidung.“ Vielleicht, so die Hoffnung, greift auch der Förderverein der Schule dem „CanSat“-Team unter die Arme.