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Bad Homburg: Mit Gewerbeansiedlungen zur Trendwende

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Von: Harald Konopatzki

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Stadt hat einen Gestaltungsspielraum , trotz 22-Millionen-Euro-Minus.

Die Pandemie hat nicht nur vielen Privathaushalten und Firmen die Finanzplanung gründlich verhagelt, auch Bad Homburg musste neu kalkulieren. Wie genau, zeigte sich bei der Vorstellung des Etatentwurfs gestern Abend im Parlament.

Die Stadt hat durch zurückliegende gute Jahre noch Spielraum. Weil man zudem frühzeitig bei den Kosten auf die Bremse drückte, gibt es Haushaltsreste, also Mittel, die eigentlich verplant waren, aber nicht ausgegeben wurden. Die Rücklage, die Ende 2021 noch immer rund 140 Millionen Euro beträgt, ist der Schlüssel, um das kommende Haushaltsjahr ohne größere Einschnitte zu stemmen. So gibt es zwar einen Fehlbetrag: 22 Millionen Euro sollen mehr gezahlt werden (insgesamt 238,3 Millionen Euro) als reinkommen (216,3 Millionen). Durch die Rücklage kann die Kämmerei jedoch einen Etatentwurf vorlegen, der „haushaltsrechtlich als ausgeglichen gilt“, heißt es in einer Mitteilung.

Eine besondere Herausforderung: Viele Projekte und damit Ausgaben im sozialen Bereich gehören zu den freiwilligen Leistungen, wären also Posten, die zuerst auf die Streichliste müssten, um ein Defizit zu verringern oder zu vermeiden. Doch die Pandemie hat den Bedarf steigen lassen. Die Stadt versucht sich daher am Spagat zwischen Haushaltsdisziplin und sozialer Verantwortung. „Wir werden die freiwilligen Leistungen und die damit verbundenen Angebote beibehalten und die Strukturen nicht beschädigen“, versicherten OB Alexander Hetjes (CDU )und Kämmereibeauftragter Meinhard Matern. Auch die kommunalen Steuersätze sollen, klare Vorgabe der Politik, nicht angetastet werden.

Das Defizit im laufenden Jahr wird rund 15 Millionen Euro betragen, immerhin eine Million Euro weniger als bislang erwartet. Für 2022 rechnet Matern mit einer Unterdeckung von 22 Millionen Euro. Diese soll sich, von einer vorsichtigen Erholung der Gesamtsituation ausgehend, bis auf einen jährlichen Fehlbetrag von 11,6 Millionen Euro am Horizont der Finanzplanung 2025 halbieren. „Je schneller wir dahin kommen, desto länger reichen die Reserven“, bilanzierte Matern.

bad homburgs etat

Die Investionen im Bad Homburger Etat für das kommende Jahr summieren sich auf insgesamt 65,3 Millionen Euro.

Grundstückskäufe und Umlegungen bilden mit rund 14,5 Millionen Euro den größten Posten. Hier soll vor allem Wohnraum gekauft werden, der dann vermietet wird, unter anderem auf dem Vickers-Areal und dem alten Klinik-Standort.

In Sportstätten werden 6,7 Millionen Euro investiert, unter anderem in den Bau des Sportzentrums Süd, den Neubau der Gymnastikhalle an der Langen Meile und den Hockeyplatz am Sportzentrum Nordwest.

Im Bereich Kindertagesstätten stehen für Neubauten und andere Baumaßnahmen 6,6 Millionen Euro bereit.

Der Straßenbau schlägt mit 6,1 Millionen Euro zu Buche. Auch der Neubau der Kläranlage Ober-Eschbach taucht in der Aufstellung auf; 5,1 Millionen Euro sind dort 2022 fällig.

Weitere große Posten sind die Stadtentwässerung (3,7 Millionen Euro), der Weiterbau der U-Bahn einschließlich Grunderwerb (2,8 Millionen Euro), der Bevölkerungsschutz (2,5 Millionen Euro) und der Bereich Klimaschutz und Umwelt (2,3 Millionen Euro).

Für das Jahr 2023 sind Investitionen von 75 Millionen Euro vorgesehen. Dann laufen die Arbeiten am Sportzentrum (8 Millionen) und an der Kläranlage (4,3 Millionen) auf Hochtouren. Zudem wird mehr in die U2-Verlängerung (3,6 Millionen) und die Sanierung des Gotischen Hauses (3 Millionen) investiert. Auch beim Straßenbau (8,9 Millionen) wird mehr Geld in die Hand genommen, und der Neubau der Feuerwehr Ober-Erlenbach steht mit 2,3 Millionen Euro im Investitionsplan. hko

Das allein wird nicht reichen, Fehlbetrag bleibt Fehlbetrag, und auch die größte Rücklage ist endlich. Zumal „nur“ rund 30 bis 40 Millionen liquide Mittel sind. Der Großteil der Rücklagen ist schon investiert. Jedoch könnte die Stadt für diese selbst finanzierten Investitionen Kredite aufnehmen, ohne gegen Regeln zu verstoßen. Allerdings will die Stadt auch weiter investieren. So hatte Matern in der Hochphase der Pandemie, damals noch als Bürgermeister, erklärt, dass es kontraproduktiv wäre, die Investitionen zu sehr herunterzufahren. Immerhin profitiere auch die angeschlagene Wirtschaft und damit auch die Beschäftigten von den Aufträgen.

Was also tun, wenn an Leistungen und Investitionen festgehalten werden soll, Bürgerschaft und Gewerbe aber nicht mehr belastet werden sollen? Hetjes gibt den Kurs vor: „Wir brauchen mehr Firmen, also ein stringentes Vorgehen bei den Gewerbeflächen.“ Schon vor Corona habe die Gewerbesteuerentwicklung lediglich eine Seitwärtsbewegung gezeigt. 2020 brachen die Steuern dann ein. Statt der erwarteten 97,5 Millionen flossen nur 64,9 Millionen – und eine Kompensationszahlung des Bundes in Höhe von 20 Millionen.

Für 2021 war man von über 100 Millionen ausgegangen, es werden wahrscheinlich 85 werden. Für 2022 sei mit 88 Millionen Euro zu rechnen. Beim Einkommensteueranteil gab es einen Rückgang um rund zehn Prozent gegenüber den Erwartungen. Den Handlungsbedarf erläuterte Hetjes: Man sei mit den Eigentümern des ehemaligen HP-Geländes im Gespräch, um die Entwicklung voranzutreiben, beim Senger-Areal werde man am Mix aus 30 Prozent Wohnen und 70 Prozent Gewerbe festhalten. „Wir brauchen Flächen für zeitgemäßes Gewerbe, das in die Kasse einzahlt, keine Büroflächen.“

Mit der Umwandlung von Gewerbeflächen sei Schluss. Stattdessen sei zu überlegen, „komplett neue Gebiete“ auszuweisen. Er verwies auf das Stadtentwicklungskonzept. Das hatte Perspektiven unter anderem an der Zeppelinstraße, der Pappelallee, am Südring und im Bereich Steinmühlstraße/Autobahn gesehen.

Im Dezember soll der Haushalt verabschiedet werden.

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