Hilfe bei Diskriminierung
Der Verein „Spiegelbild“ richtet neue Beratungsstelle ein, die Stadt finanziert das Angebot.
Die Schülerin, deren Lehrer sich abfällig über die Familie äußert, weil sie nicht gut Deutsch spricht, der Vater mit schwarzer Hautfarbe, dessen Kinder gemobbt werden, der Jugendliche, der sich ob seines Queerseins auf der Arbeit benachteiligt fühlt – für sie alle gab es in Wiesbaden bisher keine spezielle Anlaufstelle, bei der sie ihre Sorgen und Nöte loswerden konnten.
Oft seien Menschen, die sich diskriminiert fühlten, bei mehreren Institutionen vorstellig geworden, hätten Hinweise bekommen, konkrete Hilfe sei aber häufig ausgeblieben, weiß die stellvertretende Vorsitzende des Vereins „Spiegelbild“, Andrea Gotzel.
Seit dem heutigen Mittwoch ist das anders. Der Verein mit Sitz in der Bärenstraße, der in der Landeshauptstadt als Träger für politische Bildung bekannt ist, leistet jetzt Antidiskriminierungsberatung. Niedrigschwellig und wohnortnah solle die neue Stelle arbeiten, sich an den Wünschen der Betroffenen orientieren, kündigt Gotzel an. Menschen jeden Alters könnten sich anonym an die Beraterinnen wenden, ein persönliches Treffen vereinbaren oder ein telefonisches Gespräch führen.
Bereits 2020 hatte die Wiesbadener Stadtverordnetenversammlung den Beschluss gefasst, eine Beratungsstelle zum Thema Diskriminierung einzurichten und „Spiegelbild“ als Träger ausgewählt. Die Stelle sei Teil des städtischen Integrationskonzepts und ein weiterer Baustein, um „ein gutes, friedliches Miteinander in Wiesbaden zu fördern“, sagte Christian Böß vom Amt für Zuwanderung und Integration in einem Pressegespräch. Dafür stelle die Kommune 85 000 Euro pro Jahr zur Verfügung.
Als Beraterinnen in Sachen Antidiskriminierung wurden die Erziehungswissenschaftlerinnen Özgür Yildirim und Paola Widmaier eingestellt. Beide haben auch eine Ausbildung in systemischer Beratung.
„Wir wollen den Menschen einen Raum bieten, um ihre Probleme zu schildern, sie gemeinsam einordnen und Hinweise geben, wie man dagegen vorgehen kann“, sagte Widmaier. Dabei sollten stets die Betroffenen selbst entscheiden, welchen Weg sie gehen wollten. Ob es reiche, das Erlebte zu erzählen, ob Schulen oder Arbeitgeber:innen, in deren Umfeld es zu Diskriminierungen gekommen ist, angesprochen werden, womöglich sogar juristischer Rat eingeholt wird. Übersetzt werden könne in 40 Sprachen.
Die Beratung sei für alle kostenlos, sagte Widmaier. Persönliche Daten würden keinesfalls weitergegeben. Da der Verein mit anderen Institutionen in Wiesbaden vernetzt sei, könnten Hilfesuchende je nach Art der Diskriminierung auch an Fachstellen weitervermittelt werden.
Noch weiß man bei „Spiegelbild“ nicht, wo die Schwerpunkte der Beratungstelle liegen werden – ob Themen zu rassistischer, sexueller oder religiöser Diskriminierung im Vordergrund stehen oder Fälle von Benachteiligung wegen des sozialen Status. „Wir stehen für alle Themen zur Verfügung“, kündigte Andrea Gotzel an.
Die Kontaktaufnahme ist telefonisch möglich unter 0179/512 87 99. Weitere Infos unter www.spiegelbild.de