Hessen: Wohnungswirtschaft fordert Steuerreform

Der Verband der Südwestdeutschen Wohnungswirtschaft spricht sich dafür aus, die Grunderwerbssteuer bei Flächen für bezahlbaren Wohnraum zu senken oder zu erlassen.
Der Verband der Südwestdeutschen Wohnungswirtschaft (VdW Südwest) hat sich dafür ausgesprochen, dass keine Grunderwerbssteuer für Baugrundstücke fällig wird, auf denen bezahlbare Wohnungen gebaut werden. „Auf teurem Boden kann kein günstiges Zuhause gebaut werden“, sagte Axel Tausendpfund, Vorstand des VdW Südwest, am Donnerstag in Wiesbaden. Allein im vergangenen Jahr habe das Land Hessen durch die Steuer 1,6 Milliarden Euro eingenommen.
Gleichzeitig herrsche ein großer Mangel an günstigem Wohnraum. Diesen führt der Verband auch auf „unzureichende Förderkonditionen“ zurück: Für die laufende Legislaturperiode habe sich die Landesregierung darauf geeinigt, den Bau von 22 000 geförderten Wohnungen mit niedrigen Mieten zu unterstützen. Doch derzeit würden lediglich Mittel für 5700 Mietwohnungen verwendet. Da die Konditionen zuletzt 2020 festgelegt worden seien, hinkten sie den deutlich gestiegenen Baukosten hinterher und müssten dringend verbessert werden, so Tausendpfund.
Er verwies auf Berechnungen des Instituts für Wohnen und Umwelt, nach denen in Hessen bis 2040 360 000 neue Wohnungen gebraucht würden. Angesichts der aktuellen Bedingungen sei das nicht zu schaffen. Die Zahl der Baugenehmigungen sei deutlich gesunken, im Oktober 2022 zum Beispiel um 34 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat.
Darüber hinaus plädiert der Verband dafür, Planungs- und Genehmigungsprozesse doppelt so schnell laufen zu lassen, mehr Bauland auszuweisen und Investitionen in den Klimaschutz besser zu unterstützen. Rund eine Milliarde Euro pro Jahr sei laut einem Gutachten der Universität Regensburg notwendig, um alle Mietwohnungen zu sanieren, ohne die Mieten zu erhöhen.
Der VdW Südwest vertritt nach eigenen Angaben die Interessen von 200 privaten und öffentlichen Firmen der Wohnungswirtschaft in Hessen und dem südlichen Rheinland-Pfalz.
Auch der Bauindustrieverband Hessen-Thüringen, dem 200 mittelständische und große Firmen angehören, schlug am Donnerstag Alarm: Bauleistungen hätten sich wegen höherer Rohstoff- und Energiepreise im Schnitt um 14 Prozent verteuert. Verbandschef Burkhard Siebert sprach vom höchsten Preisanstieg seit 52 Jahren. Der Auftragseingang sei von Januar bis November 2022 um fast acht Prozent zurückgegangen – auf 5,11 Milliarden Euro. Für 2023 prognostiziere der Hauptverband der Bauindustrie einen Umsatzrückgang von sechs Prozent. Siebert sagte in Richtung Bund und Land, sie müssten gegen die Krise investieren, konkret etwa in die Neubauförderung und die Verkehrsinfrastruktur. Zudem sprach Siebert sich für eine Abkehr vom günstigsten Preis als entscheidendes Kriterium bei der Auftragsvergabe aus, um Aspekten wie Nachhaltigkeit mehr Gewicht zu geben.
In der Baubranche herrschte in den vergangenen Jahren ein Boom, gerade in den Ballungszentren. Viele Unternehmen erzielten hohe Gewinne.
Das Land hat in den vergangenen Monaten Kritik an seiner Wohnungspolitik widersprochen und auf verschiedene Maßnahmen verwiesen, etwa ein Vorkaufsrecht für Kommunen auf brachliegende Flächen und den Bau von Sozialwohnungen.
Analyse Seite 10