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Hessen: Urteil über Polizisten erwartet

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Von: Pitt von Bebenburg

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Ein Blaulicht leuchtet auf dem Dach eines Streifenwagens
Ein Blaulicht leuchtet auf dem Dach eines Streifenwagens der Polizei. Droht in Hessen der nächste Polizeiskandal? © Karl-Josef Hildenbrand/dpa/Symbolbild

Ein Polizeibeamter im Gebiet des Polizeipräsidiums Mittelhessen soll Dienstgeheimnisse verraten und einen Haftbefehl nicht vollstreckt haben. Die Durchsuchung seiner Wohnung brachte Illegales zu Tage.

Wenn all das stimmt, was die Staatsanwaltschaft Marburg einem Kriminalbeamten vorwirft, dann droht der hessischen Polizei der nächste Skandal – diesmal im Gebiet des Polizeipräsidiums Mittelhessen. Der 56-jährige Thomas B. ist angeklagt, Dienstgeheimnisse verraten zu haben, Hinweisen auf Drogenhandel nicht nachgegangen zu sein und einen Haftbefehl nicht vollstreckt zu haben. Außerdem wurden bei ihm verbotene Waffen gefunden.

Am Freitag wird das Urteil in dem Prozess erwartet. Bis dahin durfte die Öffentlichkeit dem Verlauf nicht folgen. Das Amtsgericht hatte die Zuschauerinnen und Zuschauer nach der Verlesung der Anklage ausgeschlossen. Das hatte der Anwalt des Angeklagten beantragt und damit begründet, dass der Beamte über Organisationsstrukturen und Einsatztaktiken der Polizei sprechen müsste.

Es ist nicht die einzige Merkwürdigkeit in diesem Verfahren. Die angeklagten Taten liegen schon vier bis fünf Jahre zurück; sie ereigneten sich von April 2017 bis Juni 2018. Zweimal wurde das Verfahren wieder verschoben, bis es Ende März 2022 begann. Nun fällt das Urteil früher als ursprünglich vorgesehen – was dazu führen könnte, dass Interessierte die Verkündung verpassen.

Bereits am Freitag soll das Urteil gesprochen werden, auch dies unter ungewöhnlichen Umständen. Der Verhandlungstag beginnt nämlich erneut hinter verschlossenen Türen. Dann werden die Plädoyers gehalten. Die Öffentlichkeit darf erst hinein, wenn das Urteil gesprochen wird – doch wann das passiert, ist vorerst nicht bekannt.

Ein Journalist der „Oberhessischen Presse“ hatte den Auftakt verfolgt und die Anklagepunkte wiedergegeben, die von der Staatsanwältin verlesen wurden. Demnach erhielt der Erste Kriminalhauptkommissar im Jahr 2017 von einem Zeugen einen Hinweis auf Drogenhandel, den er jedoch nicht verfolgte, obwohl sein Informant Namen und weitere Details genannt hatte. Als dieser nachfragte, was aus seinen Informationen gefolgt sei, behauptete der Beamte, er habe einen Informanten eingeschleust, der aber aufgeflogen sei. Doch die Staatsanwaltschaft bezweifelt, dass das stimmt. Der Rauschgifthandel soll nach Informationen der FR über eine Kneipe am Marburger Südbahnhof abgewickelt worden sein.

Nachdem sein Hinweis versickert war, wandte sich der Informant Ende August erneut an die Polizei, diesmal an einen anderen Beamten. Nun kamen Ermittlungen in Gang – und auch der Verdacht gegen Thomas B. Darüber hinaus soll der Angeklagte Ende Oktober 2017 einen Haftbefehl nicht vollstreckt haben, obwohl er telefonischen Kontakt mit dem gesuchten Mann hatte und ihm dessen Aufenthaltsort bekannt gewesen sei.

Ein weiterer Vorwurf datiert dem Bericht der „Oberhessischen Presse“ zufolge auf März 2018. An diesem Tag soll der Polizist Hinweise auf den Betäubungsmittel- und Waffenbesitz eines Kampfhundehalters erhalten haben. Einer Abfrage der Datenbank sei zu entnehmen gewesen, dass der Mann der Polizei als Konsument und Händler von Drogen bekannt war und als bewaffnet galt. Auch in diesem Fall soll der Angeklagte keine Ermittlungen aufgenommen haben. Bei dem Kampfhundehalter fanden Polizisten bei einer Durchsuchung im Juni 2018 Betäubungsmittel in „nicht geringer Menge“ sowie Hieb- und Stichwaffen, was später zu einer Verurteilung zu drei Jahren Haft führte.

Schließlich erfolgte laut Anklage am 19. Juni 2018 die Durchsuchung der Wohnung von Thomas B. Dort fanden die Ermittler Waffen, die entweder verboten sind oder für die der Angeklagte nicht die erforderliche Erlaubnis besitzt.

Die Staatsanwältin führte unter anderem auf: zwei Butterfly-Messer, drei Signalpistolen, einen Revolver, einen Schlagring sowie Patronen und zwei Luftgewehre, von denen eines „verändert“ sei.

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