Hessen: Mehr Missbrauchsopfer im Bistum Fulda

Die Fuldaer Kommission zählt 111 Betroffene von sexualisierter Gewalt.
Im Bistum Fulda sind in den Jahren 2000 bis 2015 111 Menschen von sexualisierter Gewalt betroffen gewesen, die 34 Täter verübt hatten. Zu diesem Ergebnis kommt die im Bistum eingesetzte „Unabhängige Kommission zur Aufarbeitung sexualisierter Gewalt“. Sie habe dafür 795 Personalakten ausgewertet, heißt es in ihrem ersten Zwischenbericht.
Nachdem die Verantwortlichen in Fulda zunächst von 89 Betroffenen ausgegangen waren, sei die Zahl im Laufe eines intensiven Studiums der Akten gestiegen. Ausgangspunkt war die sogenannte MHG-Studie (benannt nach den Universitäten des Forschungskonsortiums Mannheim, Heidelberg, Gießen), eine bundesweite Studie zu Missbrauchsfällen in der römisch-katholischen Kirche.
In Fulda sei der sexuelle Missbrauch meistens im Rahmen von Ministrantendienst, Jugendarbeit und allgemeiner seelsorgerischer Beziehung begangen worden, schreibt die Kommission in ihrem Bericht. Elf der Täter seien schon verstorben.
„In Anerkennung des Leids“ habe das Bistum den Betroffenen bis 2020 in 24 Fällen 88 500 Euro gezahlt. Die Summe sei später „deutlich ausgeweitet“ worden. Genauere Angaben wurden nicht gemacht. Betroffene und deren Initiativen hatten wiederholt bemängelt, dass die Anerkennung bundesweit oft verweigert werde und die Entschädigung zu gering ausfalle. Viele Fälle werden gar nicht erst angezeigt, so dass die Dunkelziffer hoch sein dürfte.
Die interdisziplinäre Kommission in Fulda, die in der Regel einmal pro Monat zusammenkommt, hatte im September 2021 ihre Arbeit begonnen. Den Vorstand bilden der frühere Fuldaer OB Gerhard Möller (CDU), die einstige Jugendamtsleiterin des Landkreises Fulda Edith Jordan und Philipp Zmyj-Köbel, ehemals Direktor des Amtsgerichts Schwalmstadt und seit längerer Zeit ehrenamtlich in der Kirche aktiv, etwa im Steuerrat.
Zwei Vertreter des Betroffenenbeirates der Bistümer Fulda und Limburg gehören dem Gremium, dessen Sprecher der Jurist Möller ist, ebenfalls an. Bei der Aufarbeitung der Akten bringen sich fünf frühere Kriminalbeamte ein. Bischof Michael Gerber kann auch an den Beratungen teilnehmen. Alle Kommissionsmitglieder haben eine Verschwiegenheitsvereinbarung mit dem Bistum abgeschlossen.
Ziel der Kommission sei es, einerseits Betroffene und Zeitzeug:innen zu hören, andererseits die Akten aufzuarbeiten. Für die nächsten Monate dieses Jahres rechnet die Kommission damit, dass das Gesprächsangebot an Opfer und Informant:innen verstärkt nachgefragt wird und auch die Pfarrgemeinden und Verbände ein gesteigertes Informationsbedürfnis haben.