Hessen: Matratzen vermieten ist sittenwidrig
Das Oberlandesgericht hat einem klagenden Anbieter Grenzen gesetzt. Die Wohnverhältnisse in den Häusern in Wiesbaden waren katastrophal.
Das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt hat die Vermietung von Wohnraum „pro Matratze“ für sittenwidrig und damit nichtig erklärt. In einer am Donnerstag verkündeten Entscheidung stellte das Gericht klar, dass die Klage auf Schadenersatz, die ein Anbieter aufgrund entgangener Mieteinnahmen beabsichtigte, keine Aussicht auf Erfolg habe. Sie wies die Beschwerde des Mannes gegen die Ablehnung von Prozesskostenhilfe ab.
Der Mann hatte 2014 in Wiesbaden drei Gebäude gepachtet, die er zu Wohnzwecken nutzen und vermieten durfte. Bereits in den beiden darauffolgenden Jahren gab es zahlreiche Hinweise auf Missstände: Matratzen wurden an viele wohnungssuchende Menschen aus Südosteuropa vermietet und die Häuser überbelegt. Laut Ordnungsamt waren dort eine Zeitlang 85 Leute gemeldet. Weil sich Müll anhäufte und die Immobilien verwahrlosten, kam es zu Rattenbefall. Die Wohnbedingungen waren katastrophal. Im August 2019 stellte die Polizei fest, dass der Aufenthalt von Menschen dort einen Verstoß gegen die öffentliche Sicherheit und Ordnung sowie den Gesundheitsschutz darstelle.
Der Verpächter kündigte den Vertrag wegen ausstehender Zahlungen im Mai 2019 fristlos und sprach ein Hausverbot gegenüber dem Pächter aus. Dieser hingegen forderte, ihm Renovierungskosten zu erstatten, verwies auf angebliche, nicht eingehaltene Verkaufspläne und beantragte Prozesskostenhilfe, weil er den Verpächter auch wegen entgangener Einnahmen auf 100 000 Euro Schadenersatz verklagen wollte.
Das Landgericht wies den Antrag ab, ebenso wie das Oberlandesgericht die Beschwerde dagegen. Dem Antragsteller stünden „keinerlei Zahlungsansprüche“ zu, urteilte das OLG. Das Pachtverhältnis sei wegen Verwahrlosung der Gebäude und Zahlungsverzugs „wirksam fristlos gekündigt worden“. Zudem habe der Pächter bei den Häusern seine Sorgfaltspflichten verletzt, sie unbefugt Dritten überlassen und gegen das Verbot der Überbelegung verstoßen. Mit dem Hausverbot habe der Verpächter zwar „verbotene Eigenmacht ausgeübt“. Eine Erstattung entfallener Einnahmen stehe dem Pächter dennoch nicht zu: Das Pachtverhältnis sei rechtmäßig gekündigt worden, zudem wäre eine Untervermietung wegen des Gebäudezustands kaum möglich gewesen. Nicht zuletzt sei die Art der Vermietung sittenwidrig und somit nichtig.
Die Entscheidung (Az. 2 W 45/22), die nicht angefochten werden kann, wird bald auf www.rv.hessenrecht.hessen.de veröffentlicht.