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Hessen: Kommunen schlagen Alarm

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Von: Gregor Haschnik

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Der Städte- und Gemeindebund verlangt vor allem für die Aufnahme Geflüchteter mehr Geld und übt grundsätzliche Kritik an der Fülle kommunaler Pflichtaufgaben.

Der Hessische Städte- und Gemeindebund (HSGB) hat Land und Bund scharf kritisiert und mehr Unterstützung für die Kommunen gefordert. Deren Leistungsgrenze sei überschritten worden, sagte HSGB-Präsident Matthias Baaß (SPD), Bürgermeister von Viernheim, am Mittwoch bei einer Pressekonferenz. Eine Krise jage die andere. Die Kommunen müssten immer mehr Pflichtaufgaben übernehmen und würden in ihrer in der Hessischen Gemeindeordnung verankerten „freien Selbstverwaltung“ massiv eingeschränkt – auch weil die übergeordneten politischen Ebenen gesetzliche Zusagen machten, die nicht zu den Ressourcen vor Ort passten. Als Beispiel nannte er den Rechtsanspruch auf Kinderbetreuung.

Es mangele an Geld und Personal, so Baaß. Förderprogramme seien oft so kompliziert, dass für die Anträge neue Leute eingestellt werden müssten. Baaß rief Bund und Land zu einem kritischen Dialog über kommunale Aufgaben, zu einer kostendeckenden Finanzierung und Bürokratieabbau auf. Anforderungen müssten notfalls gesenkt werden. So sei es besser, eine Kita-Gruppe mit Quereinsteiger:innen zu erhalten, als sie zu schließen. Letzteres und ähnliche Konsequenzen führten dazu, „dass die Zufriedenheit mit dem Funktionieren unserer Demokratie zurückgeht“, wie Umfragen belegten.

Auch bei der Aufnahme von Geflüchteten würden Kommunen nicht genug unterstützt. In den vergangenen Monaten hatten mehrere Gemeinden und Kreise Alarm geschlagen, weil sie überlastet seien, etwa keine Möglichkeiten mehr hätten, Menschen unterzubringen. Der Main-Kinzig-Kreis und weitere Kommunen haben angekündigt, gegen die Regeln zu klagen, die bei der Verteilung von Asylsuchenden in Hessen gelten. Dabei werden die Kommunen je nach Zahl der Einwohner:innen in Größenklassen eingeteilt. Dort, wo sich eine Erstaufnahmeeinrichtung befindet und mehr ausländische Bürger:innen leben, werden weniger Geflüchtete aufgenommen. Nicht berücksichtigt wird das Steueraufkommen, also die Wirtschaftskraft.

Der Verband

Der Hessische Städte- und Gemeindebund (HSGB) vertritt die Interessen von rund 400 Kommunen sowie 120 Körperschaften des öffentlichen Rechts, etwa Verbänden.

Neben dem HSGB gibt es zwei weitere kommunale Spitzenverbände: den Hessischen Städtetag sowie den Hessischen Landkreistag. gha

Das führt etwa dazu, dass der Main-Kinzig-Kreis mit seinen rund 420 000 Einwohnern einen Anteil von 8,1 Prozent an der Aufnahme in Hessen hat und Frankfurt sieben Prozent, obwohl dort gut 764 000 Menschen leben. Weil die Interessen bei den HSGB-Mitgliedern unterschiedlich sind, gehen die Meinungen darüber, ob und wann das Verfahren geändert werden sollte, teils auseinander, räumte HSGB-Geschäftsführer David Rauber ein. Insgesamt sieht der Verband eine neue Regelung als notwendig an.

Abgesehen davon fordert er unter anderem „nationale Ankunftszentren“, in denen Schutzsuchende registriert werden, sowie eine vollständige Finanzierung sowohl der Unterbringung als auch der Integration durch Bund und Land. Darüber hinaus sollten diese verstärkt eigene Aufnahmekapazitäten schaffen.

Vom Land Hessen erwartet der Städte- und Gemeindebund, Bundesmittel vollständig weiterzuleiten, eigene Zuschüsse zu erhöhen, keine Menschen „ohne realistische Bleibeperspektive“ in die Kommunen zu bringen und den Wohnungsbau zu verstärken.

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