Hessen: Kommunen bekommen mehr Einfluss auf Immobilien

Städte und Gemeinden entscheiden künftig bei mehr als sechs Wohneinheiten darüber, ob Miet- in Eigentumswohnungen umgewandelt werden dürfen. Das Echo darauf ist geteilt.
In 53 hessischen Städten und Gemeinden brauchen Eigentümer:innen bald eine Genehmigung der Kommune, wenn sie in Häusern mit mehr als sechs Wohneinheiten Miet- in Eigentumswohnungen umwandeln wollen. Der Bund hatte den Ländern 2021 die Möglichkeit eröffnet, entsprechende Verordnungen zu erlassen. Darüber hinaus sollen die Kommunen beispielsweise über ein Vorkaufsrecht Zugriff auf brachliegende oder kaum bebaute Flächen bekommen, um mehr Bauland zu schaffen. Mehr Optionen, von Bebauungsplänen abzuweichen, sollen es leichter machen, Gebäude aufzustocken und nachzuverdichten.
Wie der für Wirtschaft und Wohnungsbau zuständige Minister Tarek Al-Wazir (Grüne) am Mittwoch mitteilte, hat das Kabinett eine entsprechende Verordnung beschlossen, die im Mai in Kraft treten solle. „Wir nutzen alle Möglichkeiten, um Mieterinnen und Mieter zu schützen und den Wohnungsbau anzukurbeln“, sagte er. Die Kommunen hätten dafür wichtige rechtliche Instrumente erhalten.
Mieterbund skeptisch
Zu den Orten, in denen laut Gutachten des Darmstädter Instituts Wohnen und Umwelt und nach Selbsteinschätzungen der Kommunen ein angespannter Wohnungsmarkt herrscht und die Beschlüsse gelten, gehören Bad Homburg, Darmstadt, Dietzenbach, Frankfurt, Griesheim, Groß-Gerau, Maintal, Neu-Isenburg, Nidderau, Offenbach, Weiterstadt und Wiesbaden.
Der „Umwandlungsvorbehalt“ in sogenannten Milieuschutzgebieten, mit dem vor allem in begehrten Vierteln günstiger Wohnraum erhalten und Luxussanierungen verhindert werden sollen, bleibe bestehen. Außerhalb gilt der Vorbehalt lediglich in den Kommunen mit angespanntem Wohnungsmarkt.
Gert Reeh, der Landesvorsitzende des Mieterbunds, sagte der FR, sein Verband sei zunächst froh über einen „Schritt in die richtige Richtung“. Gerade in Städten wie Frankfurt, in denen es wenig freie Flächen gibt, würden Mietwohnungen häufig in teures Eigentum umgewandelt. Oft gehe dies mit Entmietung einher. Die Betroffenen hätten fast keine Chance, eine andere bezahlbare Wohnung in der Stadt zu finden.
Allerdings befürchtet der Mieterbund, dass der Vorbehalt und die anderen Vorkehrungen nur Tropfen auf den heißen Stein sind, auch weil es nicht viele brachliegende Flächen gebe. Wichtig wäre, bei den zahlreichen Leerständen durch ein Vorkaufsrecht Spekulation wirksam zu unterbinden, sagte Reeh. Bei der Genehmigung, um Miet- in Eigentumsobjekte umwandeln zu können, komme es darauf an, wie die Kommunen die Verordnung umsetzten. Dass in Frankfurt im Zuge des Milieuschutzes nur selten eingegriffen werde, mache wenig Hoffnung.
Die SPD-Fraktion im Landtag begrüßte, dass das „Baulandmobilisierungsgesetz“ in Hessen umgesetzt und der Einfluss der Kommunen gestärkt werde, kritisierte jedoch, dass der Genehmigungsvorbehalt erst ab sechs Wohnungen greifen kann: Dadurch fielen etwa zahlreiche für Wohnungsspekulanten interessante Frankfurter oder Wiesbadener Gründerzeitvillen, die in der Regel nicht mehr als sechs Wohnungen aufweisen, aus der Verordnung.
Die Vereinigung der hessischen Unternehmerverbände lehnt die Regel zur Umwandlung ab. Laut Vizepräsident Thomas Reimann wird der Wohnungsknappheit damit nicht entgegengewirkt. Es werde schwieriger, Eigentum zu kaufen. Zudem sinke der Anreiz für Privateigentümer:innen, in Wohnungen zu investieren. Ähnlich äußerten sich der Eigentümerverband Haus und Grund sowie der Industrie- und Handelskammertag: Die Verordnung werde Preise und Mieten steigen lassen.