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Keine Wartezeiten beim Arzt
- vonJutta Rippegatherschließen
Neue App zeigt die Zeit an, wann die Behandlung tatsächlich beginnt. Zum Start soll sie in 60 Praxen getestet werden.
Die Patientin oder der Patient bekommt bei der Terminvereinbarung einen Code, der in die App eingegeben wird, die zuvor heruntergeladen wurde. Diese informiert dann, wann man zum Arztbesuch aufbrechen muss: „Wart’s Ab“ heißt das vom hessischen Sozialministerium geförderte Projekt, das der Zeitverschwendung in Wartezimmern ein Ende setzen soll. Im Idealfall betreten Patient:innen erst dann die Praxis, wenn die Behandlung tatsächlich beginnen kann. Das schont nicht nur die Nerven, sondern mindert auch die Infektionsgefahr.
Die Entwicklung hat länger gedauert als geplant. Doch jetzt kann es endlich losgehen. Zwei hessische Praxen haben „Wart’s Ab“ erfolgreich schon ausprobiert, jetzt werden 58 weitere Piloten in Rhein-Main und Mittelhessen gesucht. Deren Team an der Anmeldung erhält einen speziellen Tabletcomputer, mit dem es mit einem Klick Bescheid geben kann, dass der Betreffende sich auf den Weg machen soll. Berücksichtigt wird dabei die Länge der Anreise – die wurde vorher abgesprochen.
Das neue Angebot ist ein Kind vieler Mütter und Väter: Beteiligt sind neben dem Sozialministerium die Techniker Krankenkasse (TK) in Hessen und MyEPA – ein Start-up, in dem Studierende, Mitarbeitende und Professoren der Technischen Hochschule (TH) Mittelhessen zusammenarbeiten.
Die Interaktion zwischen der Patienten- und Praxis-App laufe völlig anonym ab. Es würden keine persönlichen Daten hin- und hergeschickt. „Mehr Sicherheit geht nicht“, sagt Projektleiter Thomas Friedl, Hochschulprofessor an der TH Mittelhessen. Datenschutz sei gewährleistet. „Wir wissen, wie sensibel die Daten sind, die zeigen, welcher Patient in welche Praxis geht.“ Der Wart’s-Ab-Server benötige diese Angaben nicht. Selbst ein Hacker bekäme einzig die Ziffernfolge geliefert.
In fünf Sprachen
Ein zusätzlicher Pluspunkt sei die Mehrsprachigkeit: Innerhalb der App könne man derzeit zwischen Deutsch, Englisch, Französisch, Türkisch und Farsi (Persien und Afghanistan) als Eingabesprache wählen.
Barbara Voß, Leiterin der TK-Landesvertretung Hessen, verspricht sich insbesondere Entlastungen für die sogenannten offenen Sprechstunden, in denen es um ungeplante, kurzfristige Arzttermine geht. Seit der Verabschiedung des Terminservice- und Versorgungsgesetzes vor zwei Jahren müssen Arztpraxen mindestens fünf Stunden wöchentlich für Patienten freihalten, die spontan vorstellig werden. „Wird das Warten auf den Arzt nicht mehr als unnötige Zeitverschwendung wahrgenommen, sind die Patienten entspannter und zufriedener“, sagt Voß. „Das entlastet auch das Praxispersonal.“
Bis Ende April 2021 werden die 60 Pilotpraxen das System testen. Danach erfolgt eine wissenschaftliche Überprüfung. Parallel arbeitet ein weiteres Team von Friedl an einer Variante, die keine Tabletcomputer mehr in den Praxen benötigt. „Es würde dann ein normaler Computer mit Internetanschluss ausreichen“, so der Professor.