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Kommunen
Hessen: Ideen für lebendige Innenstädte gesucht
- vonJutta Rippegatherschließen
Das Land fördert örtliche Initiativen. Denn Corona wird den Umbruch nochmals beschleunigen.
Hessens Innenstädte sind schon seit geraumer Zeit im Umbruch. Die Pandemie wird den Prozess noch beschleunigen. Um ihn positiv beeinflussen zu könne, benötigen die Initiativen vor Ort Hilfe. Darüber herrschte Konsens bei der Debatte am Mittwochabend im Landtag. Alle Fraktionen stimmten für eine leicht modifizierte Fortsetzung des aus dem Jahr 2005 stammenden Gesetzes „zur Stärkung von innerstädtischen Geschäftsquartieren“ (Inge).
Es biete nicht die Patentlösung, hieß es unisono, „sei aber einer von vielen Bausteinen“. Bedauerlicherweise würde er noch von zu wenig Kommunen genutzt, sagte Wirtschaftsminister Tarek Al-Wazir (Grüne). Sie stünden vor einer „riesigen Aufgabe“, ihre Zentren neu zu organisieren. Wohnen könnte dabei eine größere Rolle spielen. Die Gefahr eines Sterbens der Ortskerne sieht Al-Wazir nicht: „Ich bin mir sicher, dass sie nicht das Schicksal der Videotheken erleiden.“
Das etwa von den Städten Offenbach, Langen oder auch Gießen genutzte Gesetz will die Eigeninitiative vor Ort stärken. Einzelhändler und Hauseigentümer legen sogenannte Innovationsbereiche fest. In eigener Organisation und Finanzverantwortung können sie bis zu fünf Jahre lang mit individuellen Projekten die Attraktivität des Quartiers steigern, etwa durch die Belebung des öffentlichen Straßenraums, Ladenleerstandsmanagement, Wirtschaftsförderung, Stadtentwicklung oder Veranstaltungen.
Das Gesetz sei „eher ein Selbsthilfeprogramm für diejenigen, die es sich leisten können – und das geht meist nur in größeren Städten“, erklärte SPD-Abgeordneter Knut John. Deshalb werde es so wenig angenommen. Viele Kommunen hätten schon vor Corona gegen das Ladensterben und den Leerstand gekämpft. „Andere werden nach dem Lockdown einen Zerfall ihrer geschäftlichen Infrastruktur erleben“, prognostizierte der SPD-Politiker. „Inhabergeführte Läden, die sich im Nonfood-Bereich bewegen, werden aufgeben oder haben gar schon aufgegeben.“ Gewinner sei der Online-Handel. „Deshalb braucht es neue Ideen, wie Innenstädte sich zukünftig inszenieren und wiederbeleben können.“ Eine davon sei die Ansiedlung von Behörden und Bildungseinrichtungen. „Das“, so John, „wäre dann wirklich ein großer Wurf.“
Der wirtschaftspolitische Sprecher der FDP, Stefan Naas, forderte, die von der Landesregierung in Aussicht gestellte Förderung von 40 Millionen Euro um weitere 20 Millionen Euro aufzustocken. „Es geht jetzt um nicht weniger als die Rettung der mitteleuropäischen Innenstädte, wie sie sich als Kulturgut entwickelt haben.“ Zugleich bräuchten die Unternehmen in der Corona-Krise endlich eine Öffnungsperspektive. „Dauerhaft können sie sich allein mit Liefer- oder Click-and-collect-Angeboten nicht über Wasser halten.“ Naas erneuert die FDP-Forderung nach mehr Möglichkeiten zur Sonntagsöffnung: „Verkaufsoffene Sonntage sind für den örtlichen Handel eine gute Möglichkeit, Werbung in eigener Sache zu machen und sich von der übermächtigen Konkurrenz der Online-Riesen abzuheben.“