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Hessen: Hassobjekt Kommunalpolitik

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Von: Gregor Haschnik

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Das „Beratungsnetzwerks Hessen – gemeinsam für Demokratie und gegen Rechtsextremismus“ verzeichnet in seiner Jahresbilanz weiter eine hohe Nachfrage von kommunalpolitisch Verantwortlichen. Betroffene von Alltagsrassismus suchen ebenfalls oft Rat.

Aufgrund von Anfeindungen hatten kommunalpolitisch Verantwortliche im vergangenen Jahr nach wie vor einen hohen Bedarf an Beratung und Prävention – obwohl die Corona-Maßnahmen, die häufig Anlass für verbale und körperliche Angriffe waren, zu einem großen Teil zurückgenommen worden waren.

Dies ist eine wesentliche Erkenntnis aus der jetzt veröffentlichten Jahresbilanz des „Beratungsnetzwerks Hessen – gemeinsam für Demokratie und gegen Rechtsextremismus“. Dieses unterstützt Betroffene von rechtsextremer Gewalt, Rassismus oder Antisemitismus; zentrale Anlaufstelle des Netzwerks ist das Demokratiezentrum an der Philipps-Universität Marburg. Wie das Demokratiezentrum mitteilt, war die Nachfrage aus der Kommunalpolitik im Jahr 2022 fast so groß wie den beiden vorangegangenen Jahren.

Die Verrohung zeigen auch andere Statistiken: Nach Angaben des Landes wurden 2022 253 Ermittlungsverfahren auf Grundlage von Paragraf 188 des Strafgesetzbuches eingeleitet. Er regelt die Beleidigung, üble Nachrede, Verleumdung von Personen des politischen Lebens und schließt Kommunalpolitiker:innen ein.

Hilfe

Das Beratungsnetzwerk Hessen hatte zuletzt 52 Mitglieder, etwa die Bildungsstätte Anne Frank, den Hessischen Flüchtlingsrat und das hessische Ministerium für Soziales und Integration.

Zentrale Anlaufstelle ist das an der Philipps-Universität Marburg ansässige Demokratiezentrum Hessen. Es koordiniert beispielsweise die Beratung und vermittelt Ansprechpartner:innen vor Ort. Beide Institutionen werden durch das hessische Innenministerium und das Bundesfamilienministerium finanziert. gha

Insgesamt verzeichnete das Beratungsnetzwerk 206 Beratungsfälle. Ein Jahr zuvor waren es 14 mehr gewesen. Den leichten Rückgang erklärt die vom Politikwissenschaftler Reiner Becker geleitete Einrichtung damit, dass Ressourcen an viele laufende Beratungen aus dem Vorjahr „gebunden waren“, insbesondere in Folge des Terroranschlags von Hanau.

Gründe für Beratungsanfragen seien vor allem erfahrene Gewalt und Bedrohungen rassistischer und rechtsextremistischer Art gewesen. Es habe auch Fälle in Zusammenhang mit sogenannten Reichsbürgern, Querdenkern und Selbstverwaltern gegeben, sagte Becker der Frankfurter Rundschau. Zudem hätten sich die Anfragen im Kontext Alltagsrassismus stabilisiert. Diese Form von Rassismus werde eher wahrgenommen und als Problem erkannt als noch vor einigen Jahren. Gleichzeitig sei die Bereitschaft gestiegen, etwas dagegen zu unternehmen.

Während die Gesamtzahl der angenommenen Fälle etwas sank, konnte das Netzwerk seine Bildungs- und Präventionsveranstaltungen von 117 im Jahr 2021 auf 153 im Jahr 2022 ausbauen. Darunter waren Online-Formate, die während der Pandemie eingeführt worden waren und sich etabliert hätten, auch weil sie eine einfachere Teilnahme ermöglichten. Darüber hinaus hat die neue Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus Hessen (Rias Hessen), die Vorfälle dokumentiert und Betroffene berät, ihre Arbeit aufgenommen. Sie werde demnächst einen eigenen Jahresbericht präsentieren.

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