Hessen: Flaute bei Wohnungsbau hält an

Die Zahl der Genehmigungen sinkt 2022 um 17 Prozent gegenüber Vorjahr.
Der negative Trend beim Bau von Wohnungen und Häusern hat sich verfestigt. Wie das Statistische Landesamt am Dienstag in Wiesbaden mitteilte, wurden im Februar dieses Jahres in Hessen 369 Baugenehmigungen weniger als im Vorjahresmonat erteilt, ein Minus von 24,7 Prozent. Die Zahl der genehmigten Wohnungen sank den Angaben zufolge um elf Prozent auf 1150. Die Entwicklung hatte sich bereits im vorigen Jahr gezeigt: Laut dem Amt gingen die Genehmigungen für Wohngebäude 2022 im Vergleich zu 2021 um 17 Prozent zurück, die Zahl der genehmigten Wohnungen um 9,6 Prozent.
Zu den wesentlichen Gründen für den Abwärtstrend zählen gestiegene Kreditzinsen sowie Material- und Baupreise, die nicht nur, aber auch auf die wirtschaftlichen Folgen von Corona-Pandemie und Ukraine-Krieg zurückzuführen sind. Investoren und Privatleute halten sich deutlich stärker zurück als in den Vorjahren. Im Vergleich zum Vor-Corona-Jahr 2019 sank die Zahl der Baugenehmigungen 2022 um 17 Prozent. Die Genehmigungszahlen lassen valide Rückschlüsse auf die Bautätigkeit und damit auf den künftigen Wohnungsmarkt zu.
Der Verband der Südwestdeutschen Wohnungswirtschaft (VdW Südwest), der nach eigenen Angaben rund 200 private und öffentliche Firmen mit einem Fokus auf bezahlbaren Wohnraum vertritt, forderte von der Politik „ein Maßnahmenbündel“, um mehr Verantwortung beim Thema Wohnen zu übernehmen: bessere Förderkonditionen, weniger „kostentreibende Bauvorschriften“, schnellere Ausweisung von Bauland sowie einen Verzicht auf Grunderwerbsteuer bei Arealen, auf denen kostengünstige Wohnungen errichtet werden sollen. Der VdW verwies auf Berechnungen des Darmstädter Instituts für Wohnen und Umwelt, wonach in Hessen bis 2040 etwa 360 000 zusätzliche Wohnungen gebraucht werden, wobei in erster Linie bei relativ günstigen und geförderten Einheiten ein Mangel herrscht.
Burkhard Siebert, der Hauptgeschäftsführer des Bauindustrieverbands Hessen-Thüringen, sprach aufgrund der aktuellen Statistiken von einer anhaltenden, „rasanten Talfahrt im Wohnungsbau“, die besonders auf schlechte Rahmenbedingungen und Zurückhaltung von Investoren zurückzuführen sei. Er verlangte einen „Abbau von Bürokratie“ etwa durch schnelle Digitalisierung und appellierte an die Kommunen im Umland der stark wachsenden Städte in Hessen. Diese sollten ihre Möglichkeiten nutzen, um Bauland zu mobilisieren, auch um bezahlbaren Wohnraum zu schaffen. Der Verband Baugewerblicher Unternehmer Hessen meint, die Bauwirtschaft sei weiter „liefer- und leistungsfähig“, allerdings müssten Bund und Land für die passenden Rahmenbedingungen sorgen. Dann würden auch steigende Zinsen den Wohnungsbau nicht verhindern.
In den vergangenen Monaten hatte das Land Hessen Kritik zurückgewiesen und beispielsweise angeführt, dass 2021 erstmals wieder mehr Sozialwohnungen geschaffen wurden, als aus der Bindung fielen, und voriges Jahr 1600 weitere hinzugekommen seien. Das Land habe „Rekordmittel“ für geförderten Wohnraum bereitgestellt, verbessere die Förderkonditionen und erleichtere die Mobilisierung von Bauland. Der Opposition gehen die Schritte nicht weit genug. So fordert die SPD etwa höhere Förderdarlehen und prozentuale Zuschüsse.