Hessen: Den Killergasen auf der Spur

Neues Kompetenzteam des Darmstädter Regierungspräsidiums spürt illegalen Handel auf und kontrolliert Werkstätten. Bei Verstößen drohen Strafen von bis zu 200 000 Euro.
Sie sind in Kälte- und Klimaanlagen zu finden, kommen beim Aufschäumen von Dämmmaterial und Turnschuhsohlen zum Einsatz, in Feuerlöschern. Und sie gelten als extrem klimaschädlich: Das Treibhauspotenzial von fluorierten Treibhausgasen übersteigt das von CO2 oft um mehr als das Tausendfache.
Im Regierungspräsidium Darmstadt spürt jetzt ein fünfköpfiges Kompetenzteam den sogenannten F-Gasen nach. „Wir machen Hessen klimaneutral“, sagte Hessens Umweltministerin Priska Hinz (Grüne) am Mittwoch anlässlich des offiziellen Startschusses. Ein wichtiger Baustein sei dabei, die Verwendung dieser „Killergase“ zu reduzieren.
Illegale Angebote im Netz
Der illegale Handel mit F-Gasen blüht. Im Internet seien Do-it-yourself-Kits für die Autoklimaanlage erhältlich, auf Parkplätzen der EU wechselten Flaschen dubioser Herkunft ihre Besitzer, sagt Teamleiterin Angelika Hoops. Bislang waren den Aufsichtsbehörden im Darmstadt meist die Hände gebunden. Nach einer auf das Betreiben Hessens erfolgten Gesetzesänderung kann sie mit ihrem Team jetzt richtig loslegen: Onlineplattformen nach illegalen Angeboten durchforsten, Bezugsquellen und Liefermengen bei Wartungsbetrieben überprüfen und vor Ort kontrollieren, welche Behältnisse tatsächlich vorhanden sind.
F-Gase
In Kälte- und Klimaanlagen werden sie seit den 1990er Jahren als Ersatzkältemittel für die bis dahin verwendeten Fluorchlorkohlenwasserstoffe (FCKW) genutzt.
Hessen setzt sich seit 2019 für eine Reduktion und eine bessere Kontrolle der Verwendung ein. Über den Bundesrat hat es ein Gesetz erwirkt, damit die Behörden dem illegalen Handel konsequent begegnen können.
Auf EU-Ebene macht sich Hessen für eine Verschärfung der Reduktionsziele stark. jur
Autowerkstätten, Wartungsfirmen, Groß- und Zwischenhändler müssten sich auf Besuch einstellen, sagte Regierungspräsidentin Brigitte Lindscheid (Grüne): „Wir überwachen den Markt, wir verfolgen die Lieferketten, und wir schreiten ein, wann immer wir F-Gase aus illegalen Quellen finden.“
Verstöße gegen das geänderte Chemikaliengesetz könnten mit einer Geldbuße von bis zu 200 000 Euro geahndet werden. In einem ersten Schritt habe die Aufsichtsbehörde die betroffenen Betriebe informiert und sensibilisiert. Die Expertinnen und Experten fangen nicht bei null an: Seit dem Jahr 2009 dürfen lediglich sachkundige Personen mit dem gefährlichen Gas hantieren. Aktuelle Stichproben haben ergeben, dass die Hälfte der zertifizierten Personen inzwischen nicht mehr in dem Bereich tätig ist.
Illegale Angebote im Netz
Auch dies ist ein Handlungsfeld für das Kompetenzteam. Hinz weist auf die große Bedeutung der Reduktion fluorierter Treibhausgase hin: „0,4 Grad Erderwärmung weltweit hängen davon ab, ob es uns gelingt, die internationalen Vereinbarungen einzuhalten.“ Die rechtlichen Rahmenbedingungen seien auf Initiative Hessens angepasst worden. „Nun setzen wir auf konsequente Kontrolle.“
Wiesbaden setzt den Druck fort. Am Freitag hat der Bundesrat sich den Forderungen aus Hessen angeschlossen. Die Länderkammer forderte zusätzliche Schritte gegen den Einsatz klimaschädlicher F-Gase in Schaltanlagen der Energieverteilung.
Sie verwendeten teils noch immer das stärkste bekannte Treibhausgas überhaupt – Schwefelhexafluorid, sagt Hinz und verdeutlicht die Dimensionen: „Eine Tonne Schwefelhexafluorid kann dem Klima genauso viel Schaden zufügen wie 22 800 Tonnen CO2.“