1. Startseite
  2. Rhein-Main

Terrornacht von Hanau: Attentäter-Vater erneut angeklagt

Erstellt:

Von: Gregor Haschnik

Kommentare

Die Staatsanwaltschaft Hanau wirft dem 75-Jährigen Vater des Attentäters von Hanau Bedrohung und Beleidigung vor. Eine Reihe von Strafbefehlen wurde beantragt.

Hanau - Die Staatsanwaltschaft Hanau geht gegen den Vater des rassistischen Attentäters von Hanau vor. Nach Informationen der Frankfurter Rundschau hat die Behörde Anklage gegen den 75-Jährigen erhoben, wegen des Verdachts der Bedrohung und Beleidigung. Das zuständige Amtsgericht bestätigte dies auf Anfrage.

Darüber hinaus hat die Staatsanwaltschaft fünf Strafbefehle beantragt, überwiegend wegen mutmaßlicher Verstöße gegen das Gewaltschutzgesetz, aber auch wegen falscher Verdächtigung und Hausfriedensbruchs. Im angeklagten Fall solle der Angeschuldigte „zwei Personen auf der Straße verfolgt, beleidigt und bedroht haben“, sagte Gerichtssprecher Volker Vetter. Termine für Verhandlungen seien noch nicht bestimmt worden, so Vetter. Weitere Angaben, etwa zu den Betroffenen, machte Vetter nicht.

FR7-eine Gedenktafel für die Opfer des Anschlags von Hanau
Sie sind nicht vergessen: Die Namen und die Gesichter der Opfer, die am 19. Februar 2020 bei dem rassistischen Anschlag in Hanau ermordet wurden. © Michael Schick

Insgesamt habe die Staatsanwaltschaft in 27 Fällen Ermittlungsverfahren wegen Verstößen gegen das Gewaltschutzgesetz eingeleitet, teilte Markus Jung, Sprecher der Staatsanwaltschaft, auf FR-Anfrage mit. Ein am 13. Dezember beantragter Strafbefehl, der sechs Verstöße gegen das Gewaltschutzgesetz beinhalte, sei durch das Amtsgericht erlassen worden. Mittlerweile ist der Strafbefehl rechtskräftig. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft wurde eine Geldstrafe von insgesamt 70 Tagessätzen zu je 60 Euro festgesetzt.

Terror von Hanau: Vater des Attentäters bereits verurteilt

Bei dem Terroranschlag am 19. Februar 2020 ermordete ein 43-Jähriger neun Menschen aus rassistischen Motiven. Dann erschoss er seine Mutter und sich selbst.

Terror in Hanau

Online-Dossier: Die Frankfurter Rundschau begleitet seit dem rassistischen Anschlag in Hanau am 19. Februar 2020 die Familien - und analysiert die politischen Konsequenzen. Gebündelt im Online-Dossier „Terror in Hanau“.

Multimedia-Reportage: FR-Redakteurin Yağmur Ekim Çay und FR-Redakteur Gregor Haschnik haben mit Hinterbliebenen gesprochen, ihre Geschichte und den Stand der Recherchen aufgeschrieben. Fotograf Michael Schick hat die Menschen porträtiert und die Orte des Geschehens und des Gedenkens in Bildern festgehalten. Crossmedia-Redakteurin Monika Gemmer hat eine multimediale Web-Story mit interaktiven Grafiken produziert.

Sein Vater Hans-Gerd R. war im Herbst des vergangenen Jahres wegen Beleidigung in zwei Fällen vom Landgericht Hanau in zweiter Instanz zu einer Geldstrafe von 4800 Euro verurteilt worden. Er hatte unter anderem Teilnehmer:innen an einer Mahnwache, darunter Opferangehörige, als „wilde Fremde“ bezeichnet.

Beleidigung kann mit einer Geldstrafe oder einer Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr bestraft werden, Bedrohung in bestimmten Fällen sogar mit drei Jahren Haft. Bereits während des Prozesses kündigte R. an, einen Schuldspruch nicht zu akzeptieren.

Zudem muss R. mindestens 30 Meter Abstand von Serpil Temiz Unvar, der Mutter des ermordeten Ferhat, halten. Das Kontakt- und Näherungsverbot besteht, weil R. die Hanauerin stalkte. Er näherte sich dem Haus, stellte sich mit seinem Schäferhund davor und beobachtete durchs Fenster. In den vergangenen Monaten verstieß er wiederholt gegen das Verbot.

Terror von Hanau: Vater sieht sich und seinen Sohn als unschuldige Opfer

Die Polizei bewacht Unvars Haus. Einmal nahm sie Hans-Gerd R. für eine Nacht in Gewahrsam, um einen Platzverweis durchzusetzen. Bei einem Vorfall an der nahe gelegenen Heinrich-Heine-Grundschule soll er mit seinem Hund an den Zaun getreten sein. Als ein Kind ihn beleidigt habe, habe er gedroht, dass er wiederkomme und etwas Schlimmes passieren werde. Auch junge Leute aus Kesselstadt, zum Teil Freunde der Getöteten, hatten R. vorgeworfen, sie verfolgt zu haben.

Auf Kontaktversuche und Anfragen der FR hat Hans-Gerd R. bislang nicht reagiert. Aus verschiedenen Schreiben und seinen Auftritten vor Gericht geht jedoch hervor, dass er alle Vorwürfe zurückweist. Der 75-Jährige sieht sich und seinen Sohn als unschuldige Opfer.

Sie würden verfolgt und beleidigt. Er tue niemandem etwas Böses und werde dennoch in seinen Rechten eingeschränkt. Und für die Morde sei nicht sein Sohn verantwortlich, sondern eine weltweite Geheimorganisation, die auch den 43-Jährigen und dessen Mutter getötet habe. (Gregor Haschnik)

Auch interessant

Kommentare

Liebe Leserinnen und Leser,
wir bitten um Verständnis, dass es im Unterschied zu vielen anderen Artikeln auf unserem Portal unter diesem Artikel keine Kommentarfunktion gibt. Bei einzelnen Themen behält sich die Redaktion vor, die Kommentarmöglichkeiten einzuschränken.
Die Redaktion