Grundschüler trotzen Lerndefizit

Fachliches Niveau kaum gesunken / Bei der Sozialkompetenz gibt es Defizite
HOCHTAUNUS - Auch wenn glücklicherweise alles im Schulalltag wieder so ist wie vor der Pandemie, blitzt kurz vor der Ausgabe der Halbjahreszeugnisse am Freitag das Schreckgespenst „Lernrückstände“ in den Köpfen auf. Aber: Wie sieht es tatsächlich aus an den Schulen im Hochtaunuskreis? Haben die Leistungen wirklich nachgelassen?
Wir haben uns an vier Grundschulen umgehört, um einen Eindruck von der Post-Pandemie-Stimmung in den Klassenzimmern zu bekommen. Kein Grund zur Sorge heißt es zum Thema Lernrückstände aus der Grundschule Köppern. „Wir nehmen schon immer Stichproben von Klassenarbeiten und vergleichen diese mit Arbeiten früherer Jahrgänge“, erklärt Schulleitern Ute Kühn.
Aufholprogramm und Hausaufgabenhilfe
„Das Niveau ist genauso wie vor Corona“, kann Kühn vermelden. Dafür, dass die Schüler aufgefangen werden und bei Bedarf Unterstützung bekommen, habe auch das Programm „Löwenstark - der Bildungskick“ des Kultusministeriums gesorgt. „Löwenstark“ ist ein „Corona-Aufholprogramm“, das der hessische Kulturminister Alexander Lorz (CDU) aufgelegt hat. Die Schulen erhalten seit dem Schuljahr 2021/2022 ein zusätzliches Budget und können selbst entscheiden, welche Projekte sie damit umsetzen oder ob sie sich zusätzliche personelle Unterstützung an ihre Schule holen. „Wir haben die Mittel sinnvoll eingesetzt und können damit noch bis zu den Sommerferien viel Gutes tun, beispielsweise, indem wir einzelne Schüler gezielt fördern“, so Kühn.
Um Lernrückstände aufzufangen habe man außerdem die von Ehrenamtlichen gestemmte Hausaufgabenbetreuung wieder aktivieren können.
Auf einem guten Weg sieht sich auch die Grundschule Oberursel-Mitte. „Wir sind mittlerweile aus der Pandemie und ihren Auswirkungen auf unser Schulleben ganz gut herausgewachsen“, sagt Schulleiter Clemens Steden. Auch in Oberursel war „Löwenstark“ dabei ein entscheidendes Werkzeug. „Wir haben verschiedene Programme auflegen können, etwa extra Schwimmkurse. Dank der finanziellen Mittel konnten wir Kooperationen eingehen, beispielsweise mit der Volkshochschule. So waren bei uns AGs in Englisch oder Bewegungsförderung im Angebot.“ Alles werde gerne angenommen, sagt Steden. Er hofft, dass es die Sondermittel auch in den kommenden Monaten noch geben wird. „Dann könnten wir die Angebote weiterhin organisieren.“ Lernrückstände, fügt der Schulleiter hinzu, habe man bei den Schülern nur in geringem Maß festgestellt. „Es gab wegen der Pandemie im vergangenen Schuljahr bei uns keine schlechteren Empfehlungen für die weiterführenden Schulen.“
Beim Stichwort Defizite lenkt Jenny Strobel, Leiterin der Kronthalschule in Kronberg, die Aufmerksamkeit in ihrer Schule auf das Fach Sport. „Beim Thema Bewegung spüren wir bei vielen Kindern sehr stark die Auswirkungen der Pandemie“, sagt Strobel. Die Rückmeldung der Sportlehrer sei, dass es vielen Kindern vor allem an Ausdauer fehle.
Wissenslücken in Mathe und Deutsch seien die eine, Defizite im Bereich der sozialen Kompetenz und der Konzentration die andere Nachwirkung der Pandemie. Diese Erfahrung habe zumindest das Kollegium an der Grundschule Dornholzhausen gemacht. „Für viele unserer Kinder ist es seit der Pandemie schwerer als vorher, den Kopf fürs Lernen frei zu bekommen“, berichtet die Leiterin der Schule Monika Arens.
Lernrückstände seien an ihrer Schule nicht das Problem, sagt Arens. „Das ist nicht so gravierend, denn was das betrifft, haben wir unter unseren Eltern viele, die ihre Kinder zu Hause unterstützen.“ Was ihr mehr Sorge bereite sei die Entwicklung, dass es mehr Kinder mit Verhaltensauffälligkeiten gebe. Und diese bräuchten Hilfe außerhalb der Schule, beispielsweise in Form einer Therapie. „Wir alle wissen, dass genau das problematisch ist, da es nicht genügend Plätze gibt“, meint Schulleiterin Arens.