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Geldstrafen für AWO-Scheinarbeit in Wiesbaden

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Bei der AWO soll es mehrere Scheinarbeitsverhältnisse gegebe haben.
Bei der AWO soll es mehrere Scheinarbeitsverhältnisse gegebe haben. © Renate Hoyer

Das Amtsgericht hält den CDU-Politiker Wolfgang Gores und seine Tochter für schuldig.

Das erste Strafverfahren wegen Scheinarbeit bei der Arbeiterwohlfahrt (AWO) ist am Dienstag vor dem Wiesbadener Amtsgericht mit zwei Geldstrafen zu Ende gegangen. Der CDU-Politiker Wolfgang Gores ist wegen Anstiftung zur Untreue zu 150 Tagessätzen zu 95 Euro und seine Tochter wegen Beihilfe zur Untreue zu 150 Tagessätzen zu 25 Euro verurteilt worden.

Zudem muss die Tochter die 53 000 Euro, die sie in den Jahren 2017 bis 2019 von der AWO Wiesbaden bezog, ohne dafür zu arbeiten, zurückzahlen. In dem „AWO-Komplex“ soll es zahlreiche Scheinarbeitsverhältnisse gegeben haben. Zudem stehen die früheren Geschäftsführer:innen und Mitarbeiter:innen wegen Misswirtschaft und Günstlingswirtschaft im Visier der Staatsanwaltschaft und Gerichte.

Fabian Schicke, der Richter am Amtsgericht, sieht die Anklageschrift der Staatsanwaltschaft im Wesentlichen als bestätigt an. Demnach hatte der Vater es gezielt darauf abgesehen, seine damals 30 Jahre alte Tochter bei der AWO unterzubringen, damit sie ihren Lebensunterhalt bestreiten konnte, ohne dafür einen Finger krumm zu machen. Ziel sei auch gewesen, der Tochter, der als Ethnologin der Eintritt ins Berufsleben nicht gelungen war, einen Berufswechsel zu ermöglichen. Mit der damaligen AWO-Geschäftsführerin Hannelore Richter habe er ausgemacht, dass die Bedingungen für die Aufnahme des Online-Studiums in Sozialer Arbeit bei der Hochschule Rhein-Main erfüllt würden. Dazu gehörte, falsche Arbeitsbescheinigungen und Zeugnisse auszustellen.

Es sei davon auszugehen, dass Richter wusste, dass keine Arbeitsleistung erwartet würde. Sie habe sich auf den Handel eingelassen, weil Gores als Polizeibeamter das dritte Polizeirevier in Wiesbaden leitete und viele Jahre sozialpolitischer Sprecher der CDU-Fraktion in der Wiesbadener Stadtverordnetenversammlung war. Gores sei für sie „politisch interessant“ gewesen, ist Schicke überzeugt.

Untreue hingenommen

Die Haupttat, die Untreue, habe jedoch Hannelore Richter begangen. Der AWO Wiesbaden ist inklusive der Arbeitgeberabgaben ein Schaden von über 100 000 Euro entstanden. Dass Richter aus beruflicher Überforderung Gores Tochter nach der Anstellung vergessen habe, wie sie das als Zeugin vor Gericht dargestellt hatte, sei abwegig. Er glaube der Tochter zwar, dass sie anfangs ernsthaft für ihre Bezahlung arbeiten wollte. Als ihr aber lange keine Arbeit zugewiesen worden sei, habe sie sich strafbar gemacht, weil sie die von Richter begangene Untreue so lange hingenommen habe.

Der Staatsanwalt hatte zuvor für Vater und Tochter eine zehnmonatige Freiheitsstrafe auf Bewährung und die Rückzahlung des Gehalts gefordert. Die Rechtsanwälte der beiden hatten auf Freispruch plädiert. Gores’ Anwalt Bernhard Lorenz hatte noch erklärt, dass Geld zu erhalten, ohne dafür zu arbeiten, nicht strafbar sei. Zudem habe die AWO Wiesbaden keinen Schaden erlitten, da die AWO Frankfurt ihr das Geld erstattete - vergebens. Wolfgang Gores und seine Tochter gelten nun als vorbestraft. Allerdings kann der frühere Polizist in einer Sache aufatmen: Er muss nicht um seine Pension fürchten. Dazu ist die Strafe nicht hoch genug.

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