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Gegen Gewalt im Namen der Ehre

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Von: Marie-Sophie Adeoso

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Land fördert neues Netzwerk, das Betroffenen besser helfen und präventiv aufklären will.

Mit einer Auftaktveranstaltung am heutigen Dienstagabend in Frankfurt nimmt ein neues Netzwerk gegen sogenannte Gewalt im Namen der Ehre seine Arbeit auf. Gefördert vom hessischen Sozialministerium wollen die zehn Gründungsorganisationen von „Hessen gegen Ehrgewalt“ Betroffenen künftig schnell und unbürokratisch helfen, für die Thematik sensibilisieren und präventiv arbeiten.

Der Begriff Ehrgewalt umschreibe „Gewalt, Zwang, Kontrolle, Bevormundung und Einschränkung von Freiheitsrechten, um die vermeintliche Familienehre aufrechtzuerhalten“, sagte die Geschäftsführerin der Frankfurter Beratungsstelle FIM – Frauenrecht ist Menschenrecht, Elvira Niesner, der FR. Zwangsheirat und sogenannte Ehrenmorde seien nur die Extremfälle des Phänomens.

Betroffen seien üblicherweise Mädchen und junge Frauen, die in patriarchalen Familienstrukturen aufwüchsen; aber auch Jungs und junge Männer seien Ehrgewalt ausgesetzt, etwa wenn sie homosexuell seien. Zu Konflikten komme es meist, wenn die Betroffenen sich von Vorstellungen ihrer Familie lösten, indem sie etwa eine nicht tolerierte Liebesbeziehung eingingen oder sich gegen die von der Familie getroffene Partnerwahl entschieden.

„Es geht um mehr als um einen Partnerkonflikt, wie bei häuslicher Gewalt“, so Niesner. Betroffene stünden einem ganzen Familien- oder Communitysystem gegenüber, aus dem es entsprechend schwerfalle, sich zu lösen. Das neue Netzwerk solle helfen, die bisher nur punktuellen Beratungs- und unzureichenden Unterbringungsmöglichkeiten auszubauen.

Niesner mahnte an, dass Thema differenziert zu behandeln. Es handele sich um ein Phänomen, das religionsunabhängig und bei Familien mit Migrationshintergrund auftrete. „Wir wollen niemanden stigmatisieren.“ Stattdessen sei es erklärtes Ziel des Netzwerkes, sensibel mit den betroffenen Communitys zusammenzuarbeiten.

Neben FIM tragen neun Organisationen das Pilotprojekt, darunter Mädchenhäuser, Wohngruppen, Vereine und Beratungsstellen aus Frankfurt, Kassel, Gießen, Fulda, Darmstadt, Wiesbaden, Offenbach und dem Vogelsberg.

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