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Gefühl in den Zehenspitzen

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Immer das kleine Stoffbällchen im Auge. Florian Götze ist jetzt auch Deutscher Meister.
Immer das kleine Stoffbällchen im Auge. Florian Götze ist jetzt auch Deutscher Meister. © FR / Boeckheler

Das Spiel mit dem Footbag ist nicht nur ein Hobby für Florian Götze. Am Wochenende hat der Weltmeister bei der Deutschen Meisterschaft in Leipzig den ersten Platz im Einzel geholt. Von Sebastian Amaral Anders

Von SEBASTIAN AMARAL ANDERS

Es hätte ihn schlimmer treffen können, findet Florian Götze - angesichts all' der verrückten Dinge, die man mit seinem Leben so anstellen kann. Er hätte zum Beispiel Veganer werden können, oder Extremsportler. Stattdessen ist der 29-Jährige Weltmeister im Footbag geworden, besser bekannt unter dem Markennamen Hacky Sack. Dafür, dass das Spiel mit dem sandgefüllten, wenige Zentimeter umfassenden Ball eine recht verrückte Sache ist, hat der Frankfurter es noch ganz gut getroffen, da ist er sich sicher.

Angefangen hat seine Footbag-Geschichte, wie bei so vielen Menschen seiner Generation, auf dem Schulhof. Irgendjemand hatte immer einen dieser kleinen, gehäkelten Bälle dabei, irgendwo stand immer ein Grüppchen im Kreis und versuchte, den Ball mit allen Körperteilen außer der Hand in der Luft zu halten. Und immer öfter stand Florian Götze in einem dieser Kreise, irgendwann nicht mehr nur in den Pausen, sondern auch nach der Schule im Park.

Auch das war dem 29-Jährigen bald nicht mehr genug. Nur im Sommer zu spielen, mit den Freunden im Park. Ein Verein musste her, um an Trainingszeiten in den Turnhallen dieser Stadt zu kommen. Also gründete der junge Architekt mit seinen Trainingspartnern den ersten Frankfurter Footbag-Verein. Footbag gab es für ihn nun auch im Winter, aus dem Schulhof-Kicker wurde ein Spezialist in der Disziplin "Netz", die vom Ablauf her stark dem Beachvolleyball ähnelt. Zwei Teams aus je zwei Spielern stehen sich gegenüber, getrennt durch ein 1,54 Meter hohes Badminton-Netz. Wie beim Volleyball legt sich ein Doppel gegenseitig den Ball auf, um im besten Fall mit einem Schmetterball abzuschließen. Mit dem Fuß, wohlgemerkt. Top-Spieler wie Götze bringen ihre Zehenspitzen schon mal bis an die Drei-Meter-Marke.

Im Jahr 2006 gelang ihm mit seinem Partner Patrick Schrickel schließlich der Durchbruch. Seit 2001 standen sie zusammen auf den Footbag-Plätzen dieser Welt - von San Francisco bis Helsinki. Nach einer Niederlage im Weltmeisterschaftsfinale 2005 holten sie bei der WM in Frankfurt den Titel, den sie im darauf folgenden Jahr in Orlando verteidigen konnten. Am Wochenende hat Götze bei der Deutschen Meisterschaft in Leipzig ganz nebenbei den ersten Platz im Einzel geholt.

Keine Frage, Florian Götze will gewinnen. "Trotzdem mache ich das nicht, um mich Weltmeister nennen zu dürfen. Das ist für mich eine Leidenschaft, eine Lebenseinstellung." Preisgelder spielen in dieser Sportart mit vielleicht 20 ernstzunehmenden Spielern in Deutschland ohnehin keine Rolle. Im Gegenteil: "Man legt übel drauf", bekennt der 29-Jährige. Dafür reist er zu Turnieren um die ganze Welt und fühlt sich dennoch immer zuhause in der kleinen Community der Footbag-Fanatiker. Die hilft auch, Geld zu sparen: "Irgendwo kriegt man fast immer ein Bett, Anruf genügt." Manchmal sogar inklusive Stadtführung.

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